Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Aushandlung, Abschluss, Ratifizierung und Inkraftsetzung von Abkommen durch einen Mitgliedstaat. Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr. Außenkompetenz der Gemeinschaft. Artikel 10 EG. Verordnungen (EWG) Nr. 3921/91 und (EG) Nr. 1356/96

 

Beteiligte

Kommission / Luxemburg

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch S. Schreiner als Bevollmächtigten

 

Tenor

1. Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch seine Verpflichtungen aus Artikel 10 EG verletzt, dass es

  • das am 30. Dezember 1992 in Luxemburg unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und der Regierung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Binnenschifffahrt,
  • das am 10. November 1993 in Bukarest unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und der Regierung Rumäniens über die Binnenschifffahrt und
  • das am 9. März 1994 in Luxemburg unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und der Regierung der Republik Polen über die Binnenschifffahrt

ausgehandelt, geschlossen, ratifiziert und in Kraft gesetzt hat, ohne mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten oder sich mit ihr abzustimmen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und das Großherzogtum Luxemburg tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 18. Juni 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Schmidt und W. Wils als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch S. Schreiner als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und der Richter K. Lenaerts, S. von Bahr und K. Schiemann,

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. November 2004

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission, festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch seine Verpflichtungen aus Artikel 10 EG sowie aus der Verordnung (EWG) Nr. 3921/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 über die Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind (ABl. L 373, S. 1), und der Verordnung (EG) Nr. 1356/96 des Rates vom 8. Juli 1996 über gemeinsame Regeln zur Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit im Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr zwischen Mitgliedstaaten (ABl. L 175, S. 7) verletzt hat, dass es

  • das am 30. Dezember 1992 in Luxemburg unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und der Regierung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Binnenschifffahrt (Mémorial A 1994, S. 579),
  • das am 10. November 1993 in Bukarest unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und der Regierung Rumäniens über die Binnenschifffahrt (Mémorial A 1995, S. 13) und
  • das am 9. März 1994 in Luxemburg unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und der Regierung der Republik Polen über die Binnenschifffahrt (Mémorial A 1995, S. 1570)

individuell ausgehandelt, geschlossen, ratifiziert und in Kraft gesetzt sowie ihre Kündigung abgelehnt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Vorschriften des EG-Vertrags

2 Artikel 10 EG lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Sie erleichtern dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe.

Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten.”

3 In Bezug auf den Verkehrssektor bestimmt Artikel 70 EG, dass die Mitgliedstaaten die Ziele des Vertrages im Rahmen einer gemeinsamen Politik verfolgen.

4 Artikel 71 Absatz 1 EG lautet:

„Zur Durchführung des Artikels 70 wird der Rat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen

  1. für den internationalen Verkehr aus oder nach dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder für den Durchgangsverkehr durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gemeinsame Regeln aufstellen;
  2. für die Zulassung von Verkehrsunternehmern zum Verkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, die Bedingungen festlegen;
  3. Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit erlassen;
  4. alle sonstigen zweckdienlichen Vorschriften erlassen.”

5 Auf der Grundlage dieser ...

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