Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Besondere Zuständigkeiten. Zuständigkeit für Verbrauchersachen. Begriff ,anderer Vertragspartner‘. Wohnsitz einer juristischen Person. Auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht. Freie Rechtswahl. Verbraucherverträge. Grenzen. Verbrauchervertrag über Teilzeitnutzungsrechte an Ferienwohnungen durch ein Punktesystem
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 18 Abs. 1, Art. 63; Verordnung (EG) Nr. 593/2008 Art. 3, 6
Beteiligte
Club La Costa (UK) plc, sucursal en España |
CLC Resort Management Ltd |
CLC Resort Development Ltd |
European Resorts & Hotels SL |
Tenor
1.Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
ist dahin auszulegen, dass
der Ausdruck „anderer Vertragspartner“ in dieser Bestimmung so zu verstehen ist, dass er ausschließlich die am streitigen Vertrag beteiligte natürliche oder juristische Person meint, nicht jedoch andere, an diesem Vertrag nicht beteiligte Personen, selbst wenn sie mit dieser Person verbunden sind.
2.Art. 63 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1215/2012
ist dahin auszulegen, dass
die gemäß dieser Vorschrift vorzunehmende Bestimmung des Wohnorts des „anderen Vertragspartners“ im Sinne von Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung keine Beschränkung der für den Verbraucher im Sinne derselben Vorschrift bestehenden Wahlmöglichkeit darstellt.
Insoweit handelt es sich bei den präzisierenden Angaben zum Begriff „satzungsmäßiger Sitz“ in Art. 63 Abs. 2 um autonome Definitionen.
3.Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I)
ist dahin auszulegen, dass
er einer Rechtswahlklausel in den allgemeinen Vertragsbedingungen oder einem gesonderten und dem Verbraucher ausgehändigten Dokument, auf das dieser Vertrag verweist, nicht entgegensteht, sofern diese Klausel den Verbraucher darüber unterrichtet, dass er nach Art. 6 Abs. 2 der Rom-I-Verordnung jedenfalls den Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts des Landes genießt, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
4.Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 593/2008
ist dahin auszulegen, dass,
wenn ein Verbrauchervertrag die Anforderungen dieser Bestimmung erfüllt und keine gültige Rechtswahl für diesen Vertrag getroffen wurde, das auf diesen Vertrag anzuwendende Recht nach dieser Vorschrift zu bestimmen ist, wobei sich beide Vertragspartner – also auch der Unternehmer – auf sie berufen dürfen und es nicht auf den Umstand ankommt, dass das auf diesen Vertrag gemäß den Art. 3 und 4 dieser Verordnung anwendbare Recht möglicherweise für den Verbraucher günstiger wäre.
Tatbestand
In der Rechtssache C-821/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia no2 de Fuengirola (Gericht erster Instanz Nr. 2 Fuengirola, Spanien) mit Entscheidung vom 3. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Dezember 2021, in dem Verfahren
NM
gegen
Club La Costa (UK) plc, sucursal en España,
CLC Resort Management Ltd,
Midmark 2 Ltd,
CLC Resort Development Ltd,
European Resorts & Hotels SL
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter F. Biltgen (Berichterstatter) und J. Passer,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – von NM, vertreten durch M. P. Maciá García, Abogada,
- – der Midmark 2 Ltd, vertreten durch M.-D. Gómez Dabic und J. M. Macías Castaño, Abogados,
- – der Club La Costa (UK) plc, sucursal en España, vertreten durch J. Martínez-Echevarría Maldonado, Abogado,
- – der spanischen Regierung, vertreten durch A. Ballesteros Panizo als Bevollmächtigten,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, S. Noë und W. Wils als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 18 Abs. 1 und Art. 63 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1, im Folgenden: Brüssel-Ia-Verordnung) sowie von Art. 3 und Art. 6 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) ...