Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Bestimmung des auf einen Arbeitnehmer im Bereich der sozialen Sicherheit anwendbaren Rechts. Anwendbarkeit. Beschäftigung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Konsulat eines Drittstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats, in dem er wohnt. Innerstaatliche Rechtsvorschriften, die ständig Ansässigen Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten gewähren

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71; Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen Art. 71 Abs. 2

 

Beteiligte

Evans

Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank

L. F. Evans

 

Tenor

Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 geänderten Fassung ist in Verbindung mit Art. 16 dieser Verordnung dahin auszulegen, dass ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats für den Zeitraum, in dem er bei der konsularischen Vertretung eines Drittstaats im Gebiet eines Mitgliedstaats beschäftigt ist, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, aber in dessen Gebiet er wohnt, nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats im Sinne dieser Bestimmung unterliegt, wenn dieser Staatsangehörige nach den gemäß Art. 71 Abs. 2 des am 24. April 1963 in Wien geschlossenen Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen erlassenen Rechtsvorschriften seines Wohnsitzstaats nicht dem nationalen System der sozialen Sicherheit angeschlossen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Centrale Raad van Beroep (Niederlande) mit Entscheidung vom 9. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 12. April 2013, in dem Verfahren

Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank

gegen

L. F. Evans

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter C. Vajda, A. Rosas, E. Juhász und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank, vertreten durch H. van der Most,
  • von Frau Evans, vertreten durch N. Matt, advocaat,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch J. Langer, M. Bulterman und M. Gijzen als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten im Beistand von Professor A. Silva Rocha,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Juni 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2, 3 und/oder 16 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 392, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) sowie, hilfsweise, des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Raad van bestuur van de Sociale verzekeringsbank (im Folgenden: Svb) und Frau Evans, einer britischen Staatsangehörigen, über die Berechnung der Rentenansprüche für den Zeitraum, in dem sie beim Generalkonsulat der Vereinigten Staaten von Amerika in Amsterdam (Niederlande) beschäftigt war und einen Privilegiertenstatus genoss, infolge dessen sie insbesondere von sämtlichen Sozialversicherungsbeiträgen befreit war und daher nicht im niederländischen System der sozialen Sicherheit versichert war.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

Rz. 3

Das am 24. April 1963 in Wien geschlossene Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (Vertragssammlung der Vereinten Nationen, Bd. 596, S. 261, im Folgenden: Wiener Übereinkommen von 1963) bestimmt in seinem Art. 1 Abs. 1 und 3:

„(1) Im Sinne dieses Übereinkommens haben die nachstehenden Ausdrücke folgende Bedeutung:

a) der Ausdruck ‚konsularische Vertretung’ bezeichnet jedes Generalkonsulat, Konsulat, Vizekonsulat und jede Konsularagentur;

c) der Ausdruck ‚Leiter der konsularischen Vertretung’ bezeichnet eine Person, die beauftragt ist, in diese...

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