Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizügigkeit. Arbeitnehmer. Gleichbehandlung. Besondere Dienstalterszulage für Universitätsprofessoren nach einer nationalen Regelung, deren Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht durch ein Urteil des Gerichtshofs festgestellt worden ist. Verjährungsfrist. Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität
Beteiligte
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung |
Tenor
Das Unionsrecht steht einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegen, nach der die Geltendmachung von Ansprüchen auf besondere Dienstalterszulagen, die einem von seinen Freizügigkeitsrechten Gebrauch machenden Arbeitnehmer vor Erlass des Urteils vom 30. September 2003, Köbler (C-224/01), aufgrund der Anwendung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbarer innerstaatlicher Rechtsvorschriften vorenthalten wurden, einer Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 12. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2008, in dem Verfahren
Friedrich G. Barth
gegen
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), P. Kūris und L. Bay Larsen,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Barth, vertreten durch die Rechtsanwälte Laurer und Arlamovsky,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, B. Cabouat und A. Czubinski als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von F. Arena, avvocato dello Stato,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und G. Rozet als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 39 EG und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) sowie des Grundsatzes der Effektivität.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Barth und dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wegen eines Bescheids, mit dem ihm die teilweise Verjährung der von ihm beantragten besonderen Dienstalterszulage entgegengehalten wurde.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1612/68 lautet:
„Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.”
Nationales Recht
Rz. 4
Das Gehaltsgesetz 1956 (im Folgenden: GehG) in der Fassung des Gesetzes BGBl I 1997/109 bestimmt in § 50a Abs. 1:
„Einem Universitätsprofessor …, der eine fünfzehnjährige Dienstzeit in dieser Verwendungsgruppe im Dienststand an österreichischen Universitäten … aufweist und vier Jahre im Dienststand im Bezug der Dienstalterszulage gemäß § 50 Abs. 4 gestanden ist, gebührt ab dem Zusammentreffen beider Voraussetzungen eine ruhegenussfähige besondere Dienstalterszulage in der Höhe der Dienstalterszulage gemäß § 50 Abs. 4.”
Rz. 5
Durch das im BGBl I 2003/130 veröffentlichte Gesetz wurde § 50a GehG folgender Abs. 4 angefügt:
„Bei der Berechnung der fünfzehnjährigen Dienstzeit gemäß Abs. 1 sind auch Zeiten heranzuziehen, die
1. nach dem 7. November 1968 in einer vergleichbaren Verwendung an einer Universität eines Staates, der oder dessen Rechtsnachfolger nunmehr Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist …
…
zurückgelegt worden sind.”
Rz. 6
§ 13b Abs. 1 GehG in der zum Zeitpunkt der Ernennung des Beschwerdeführers geltenden Fassung (BGBl 1973/318) lautet:
„Der Anspruch auf Leistungen verjährt, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründende Aufwand entstanden ist.”
Rz. 7
§ 169a GehG, der durch das im BGBl I 2003/130 veröffentlichte Gesetz eingefügt wurde, bestimmt:
„(1) Weist ein Universitätsprofessor des Dienststandes, des Ruhestandes oder ein emeritierter Un...