Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbot des Abzugs von Verlusten einer ausländischen Betriebsstätte, Berücksichtigung der Verluste aufgrund DBA im Belegenheitsstaat
Leitsatz (amtlich)
Art. 43 EG steht dem nicht entgegen, dass eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft von ihrer Steuerbemessungsgrundlage nicht die Verluste einer Betriebsstätte abziehen kann, die ihr gehört und in einem anderen Mitgliedstaat belegen ist, sofern nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Einkünfte dieser Betriebsstätte im letztgenannten Mitgliedstaat besteuert werden, in dem diese Verluste bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können.
Normenkette
EGVtr Art. 43
Beteiligte
Lidl Belgium GmbH & Co. KG |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Niederlassungsfreiheit ‐ Direkte Besteuerung ‐ Berücksichtigung von Verlusten aus einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat, die zu einer Gesellschaft gehört, die ihren satzungsmäßigen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat“
In der Rechtssache C-414/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 28. Juni 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Oktober 2006, in dem Verfahren
Lidl Belgium GmbH & Co. KG
gegen
Finanzamt Heilbronn
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász und T. von Danwitz,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Lidl Belgium GmbH & Co. KG, vertreten durch die Rechtsanwälte W. Schön und M. Schaden,
‐ des Finanzamts Heilbronn, vertreten durch C.-F. Vees als Bevollmächtigten,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma, C. Blaschke und H. Kube als Bevollmächtigte,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch M. Papida, I. Pouli und K. Georgiadis als Bevollmächtigte,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.-C. Gracia als Bevollmächtigte,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster, P. van Ginneken und M. de Grave als Bevollmächtigte,
‐ der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski und J. Himmanen als Bevollmächtigte,
‐ der schwedischen Regierung, vertreten durch K. Wistrand und S. Johannesson als Bevollmächtigte,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Bryanston-Cross als Bevollmächtigte im Beistand von S. Lee, Barrister,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und W. Mölls als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Februar 2008
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 EG und 56 EG.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lidl Belgium GmbH & Co. KG (im Folgenden: Lidl Belgium) und dem Finanzamt Heilbronn (im Folgenden: Finanzamt) in Bezug auf die steuerliche Behandlung von Verlusten einer in Luxemburg belegenen Betriebsstätte dieser Gesellschaft durch die zuständigen deutschen Behörden.
Rechtlicher Rahmen
3
Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 des Abkommens vom 23. August 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über die gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (BGBl. 1959 II S. 1270) in der durch das Ergänzungsprotokoll vom 15. Juni 1973 geänderten Fassung (im Folgenden: Abkommen) bezeichnet der Begriff „Betriebsstätte“ „eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“.
4
Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Abkommens zählt eine Reihe von Einrichtungen auf, die als Betriebsstätten im Sinne des Abkommens gelten.
5
Art. 5 des Abkommens sieht vor:
„(1) Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten als Unternehmer oder Mitunternehmer Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen, dessen Tätigkeit sich auf das Gebiet des anderen Staates erstreckt, so hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte nur insoweit, als sie auf eine dort befindliche Betriebsstätte des Unternehmens entfallen.
(2) Dabei dürfen der Betriebsstätte diejenigen Einkünfte zugerechnet werden, die sie erzielt hätte, wenn sie sich als selbständiges Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Geschäften unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen befasst und Geschäfte wie ein unabhängiges Unternehmen getätigt haben würde.
…“
6
Art. 6 Abs. 1 des Abkommens lautet:
„Wenn ein Unternehmen eines der Vertragsstaaten vermöge seiner Beteiligung an der Geschäftsführung oder am finanziellen A...