Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung -Türkei. Zusatzprotokoll. Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen. Aufhebung der Wohnortklauseln. Leistung bei Invalidität. Entzug. Besondere beitragsunabhängige Geldleistungen. Wohnsitzerfordernis. Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten
Normenkette
Assoziierungsabkommen EWG Türkei Art. 59; Richtlinie 2003/109/EG; EGV Nr. 883/2004; Beschluss Nr. 3/80 Art. 6
Beteiligte
Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen |
Tenor
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige in Verbindung mit Art. 59 des Zusatzprotokolls, das am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnet und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die einem türkischen Staatsangehörigen, der in sein Herkunftsland zurückkehrt und zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Aufnahmemitgliedstaat die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen besitzt, eine bewilligte Aufstockungsleistung entzieht, nicht entgegensteht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Centrale Raad van Beroep (Zentrales Berufungsgericht für den Bereich der sozialen Sicherheit, Niederlande) mit Entscheidung vom 1. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2017, in dem Verfahren
Herr Çoban
gegen
Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot, E. Regan, C. G. Fernlund und S. Rodin,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Oktober 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Çoban, vertreten durch R. Akkaya und Z. M. Alaca, advocaten,
- des Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen, vertreten durch J. Hut als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und H. S. Gijzen als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und M. van Beek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. Februar 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige (ABl. 1983, C 110, S. 60) in Verbindung mit Art. 59 des Zusatzprotokolls, das am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnet und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 (ABl. 1972, L 293, S. 1, im Folgenden: Zusatzprotokoll) im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde. Der Assoziationsrat wurde durch das am 12. September 1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits und von den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits unterzeichnete Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschaffen, das durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685, im Folgenden: Assoziierungsabkommen) im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Çoban und dem Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen (Verwaltungsrat der Durchführungseinrichtung für Arbeitnehmerversicherungen, Niederlande, im Folgenden: Uwv) wegen dessen Zurückweisung seines Antrags auf Gewährung einer Aufstockungsleistung nach den niederländischen Rechtsvorschriften.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Assoziierungsabkommen
Rz. 3
Nach Art. 2 Abs. 1 des Assoziierungsabkommens hat dieses zum Ziel, eine beständige und ausgewogene Verstärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter voller Berücksichtigung der Notwendigkeit zu fördern, dass hierbei der beschleunigte Aufbau der türkischen Wirtschaft sowie die Hebung des Beschäftigungsstandards und der Lebensbedingungen des türkischen Volkes gewährleistet werden.
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