Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Art. 49 EG. Soziale Sicherheit. Bei einem vorübergehenden Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat erforderliche Krankenhausbehandlung. Kein Anspruch auf ein ergänzendes Eintreten des zuständigen Trägers neben dem des Trägers des Aufenthaltsmitgliedstaats
Beteiligte
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Europäische Kommission trägt die Kosten.
3. Das Königreich Belgien, das Königreich Dänemark, die Republik Finnland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 20. Mai 2008,
Europäische Kommission, vertreten durch E. Traversa und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch J. M. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
unterstützt durch
Königreich Belgien, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
Königreich Dänemark, vertreten durch J. Bering Liisberg und R. Holdgaard als Bevollmächtigte,
Republik Finnland, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch H. Walker als Bevollmächtigte im Beistand von M. Hoskins, Barrister,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, der Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts (Berichterstatter) und J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentin P. Lindh sowie der Richter P. Kūris, G. Arestis, A. Borg Barthet, M. Ilešič, J. Malenovský, L. Bay Larsen, T. von Danwitz und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2009,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Februar 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen hat, dass es den Empfängern von Leistungen des spanischen nationalen Gesundheitssystems die Erstattung der Krankheitskosten verweigert, die ihnen in einem anderen Mitgliedstaat im Fall einer Krankenhausbehandlung entstanden sind, die sie gemäß Art. 22 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 392, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) erhalten haben, sofern das Deckungsniveau in dem Mitgliedstaat, in dem diese Behandlung erteilt wird, unter dem nach spanischem Recht liegt.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Art. 22 der Verordnung Nr. 1408/71 mit der Überschrift „Aufenthalt außerhalb des zuständigen Staates – Rückkehr oder Wohnortwechsel in einen anderen Mitgliedstaat während eines Krankheits- oder Mutterschaftsfalles – Notwendigkeit, sich zwecks angemessener Behandlung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben” bestimmt:
„(1) Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger, der die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, erfüllt und
a) bei dessen Zustand sich Sachleistungen während eines Aufenthalts im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats unter Berücksichtigung der Art der Leistungen und der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer als medizinisch notwendig erweisen, oder
…
c) der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben, um dort eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten,
hat Anspruch auf:
i) Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des [Aufenthaltsorts] nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre; die Dauer der Leistungsgewährung richtet sich jedoch nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates;
…
2. …
Die nach Absatz 1 Buchstabe c) erforderliche Genehmigung darf nicht verweigert werden, wenn die betreffende Behandlung zu den Leistungen gehört, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, in dessen Gebiet der Betreffende wohnt, und wenn er in Anbetracht seines derzeitigen Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit diese Behandlung nicht in einem Zeitraum erhalten kann, der für...