Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Niederlassungsfreiheit. Geltungsbereich. Dienstleistungen im Binnenmarkt. Zugang zu Tätigkeiten der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen. Ausübung durch ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Zulassungssystem. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses. Sicherheit des Straßenverkehrs. Geografische Verteilung. Mindestentfernung zwischen den Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen. Marktanteilsschwelle. Rechtfertigung. Eignung, das angestrebte Ziel zu erreichen. Kohärenz. Verhältnismäßigkeit
Normenkette
AEUV Art. 49, 51; Richtlinie 2006/123/EG; EGRL 40/2009
Beteiligte
Asistencia Tecnica Industrial SAE |
OCA Inspeccion Tecnica de Vehiculos SA |
Tenor
1. Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass die Tätigkeiten der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind.
2. Art. 51 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass die Tätigkeiten von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, wie den von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung bezeichneten, trotz des Umstands, dass die Betreiber dieser Stationen über eine Befugnis zur Stilllegung verfügen, wenn die Fahrzeuge bei der Prüfung Sicherheitsmängel aufweisen, die eine unmittelbare Gefahr darstellen, nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne dieser Bestimmung verbunden sind.
3. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die die Genehmigung der Eröffnung einer Station zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen durch ein Unternehmen oder eine Unternehmensgruppe unter die Bedingung stellt, dass zum einen eine Mindestentfernung zwischen dieser Station und den bereits genehmigten Stationen dieses Unternehmens oder dieser Unternehmensgruppe besteht und zum anderen dieses Unternehmen oder diese Unternehmensgruppe, wenn eine solche Genehmigung erteilt würde, keinen Marktanteil von über 50 % erhielte, es sei denn, dass diese Bedingung tatsächlich geeignet ist, die Ziele des Verbraucherschutzes und der Straßenverkehrssicherheit zu erreichen, und nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen sein wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Spanien) mit Entscheidung vom 20. März 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. April 2014, in dem Verfahren
Grupo Itevelesa SL,
Applus Iteuve Technology,
Certio ITV SL,
Asistencia Técnica Industrial SAE
gegen
OCA Inspección Técnica de Vehículos SA,
Generalidad de Cataluña
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Ersten Kammer R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, A. Arabadjiev (Berichterstatter), C. Lycourgos und J.-C. Bonichot,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Grupo Itevelesa SL, vertreten durch J. Lavilla Rubira, M. Alvarez-Tólcheff, T. Puente Méndez, M. Barrantes Diaz und S. Rodiño Sorli, abogados,
- der Applus Iteuve Technology, vertreten durch A. Vázquez Guillén, procurador, sowie J. Folguera Crespo, L. Moscoso del Prado González und A. Guerra Fernández, abogados,
- der Certio ITV SL, vertreten durch R. Sorribes Calle, procuradora, sowie J. Just Sarobé und R. Miró Miró, abogados,
- der Asistencia Técnica Industrial SAE, vertreten durch M. Marsal i Ferret, M. Ortíz-Cañavate Levenfeld und I. Galobardes Mendonza, abogados,
- der OCA Inspección Técnica de Vehículos SA, vertreten durch J. Macias Castaño, A. Raventós Soler und M. Velasco Muñoz Cuellar, abogados,
- der Generalidad de Cataluña, vertreten durch N. París Domenech, abogada,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. Sampol Pucurull als Bevollmächtigten,
- Irlands, vertreten durch S. Kingston, L. Williams und A. Joyce als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch N. Otte Widgren, A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, K. Sparrman, L. Swedenborg, F. Sjövall und E. Karlsson als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und J. Rius als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Juni 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49 AEUV und 51 AUEV, des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d und i sowie der Art. 3, 9, 10 und 14 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und d...