Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. Bedingungen, die an eine Allgemeingenehmigung geknüpft werden können. Ermöglichung der rechtmäßigen Überwachung des Telekommunikationsverkehrs. Allgemeine Ziele. Nationale Regelung über die Erstattung der Kosten im Zusammenhang mit den Überwachungstätigkeiten, die durch die Justizbehörden gegenüber den Betreibern von Telekommunikationsdiensten angeordnet werden. Fehlen eines Mechanismus zur vollständigen Erstattung. Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz
Normenkette
Charta der Grundrechte der Europäischen Union; Richtlinie (EU) 2018/197 Art. 13; Richtlinie (EU) 2018/197 Anhang I Teil A Nr. 4; Richtlinie (EU) 2018/197 Art. 3
Beteiligte
Colt Technology Services u.a |
Colt Technology Services SpA |
Ministero della Giustizia |
Ministero dello Sviluppo economico |
Ministero dell’Economia e delle Finanze |
Procura Generale della Repubblica presso la Corte d’appello di Reggio Calabria |
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Cagliari |
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Roma |
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Locri |
Tenor
Art. 13 in Verbindung mit Art. 3 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation sowie deren Anhang I Teil A Nr. 4 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die keine vollständige Erstattung der Kosten vorschreibt, die den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste bei der Ermöglichung der rechtmäßigen Überwachung der elektronischen Kommunikation durch die zuständigen nationalen Behörden tatsächlich entstanden sind, sofern diese Regelung nicht diskriminierend, verhältnismäßig und transparent ist.
Tatbestand
In der Rechtssache C-339/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 11. Mai 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 2021, in den Verfahren
Colt Technology Services SpA,
Wind Tre SpA,
Telecom Italia SpA,
Vodafone Italia SpA
gegen
Ministero della Giustizia,
Ministero dello Sviluppo economico,
Ministero dell’Economia e delle Finanze,
Procura Generale della Repubblica presso la Corte d’appello di Reggio Calabria,
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Cagliari,
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Roma,
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Locri
und
Ministero della Giustizia,
Ministero dello Sviluppo economico,
Procura Generale della Repubblica presso la Corte d’appello di Reggio Calabria,
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Cagliari,
Procura della Repubblica presso il Tribunale di Roma
gegen
Wind Tre SpA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič (Berichterstatter), I. Jarukaitis und Z. Csehi,
Generalanwalt: A. M. Collins,
Kanzler: C. Di Bella, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2022,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Colt Technology Services SpA, vertreten durch F. Fioretti, M. Giustiniani und N. Moravia, Avvocati,
- – der Wind Tre SpA, vertreten durch B. Caravita di Toritto, S. Fiorucci und R. Santi, Avvocati,
- – der Telecom Italia SpA, vertreten durch D. Gallo, G. Vercillo und A. Zoppini, Avvocati,
- – der Vodafone Italia SpA, vertreten durch S. D’Ercole, N. Palombi und F. Pignatiello, Avvocati,
- – der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von C. Colelli, G. Galluzzo und P. Gentili, Avvocati dello Stato,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Malferrari und P. Messina als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Oktober 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18, 26, 49, 54 und 55 AEUV, der Art. 3 und 13 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. 2018, L 321, S. 36) sowie der Art. 16 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen mehrerer Rechtsstreitigkeiten zwischen der Colt Technology Services SpA, der Wind Tre SpA, der Telecom Italia SpA und der Vodafone Italia SpA (im Folgenden zusammen: die betroffenen Telekommunikationsbetreiber) auf der einen Seite und dem Ministero della Giustizia (Justizministerium, Italien), dem Ministero dello Sviluppo economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Italien) und dem Ministero dell’Economia e delle Finanze (Wirtschafts- und Finanzministerium, Italien) sowie in einigen Fällen je nach Verfahren der Procura...