Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Bauaufträge. Richtlinie 93/37/EWG. Art. 24. Gründe für einen Ausschluss von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren. Nationale Maßnahmen, mit denen eine Unvereinbarkeit des Sektors der öffentlichen Bauarbeiten mit dem der Informationsmedien eingeführt wird

 

Beteiligte

Michaniki AE

Ethniko Symvoulio Radiotileorasis

Ypourgos Epikrateias

 

Tenor

1. Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass darin die auf objektive Erwägungen in Bezug auf die berufliche Eignung gestützten Gründe erschöpfend aufgezählt sind, die den Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme an einem öffentlichen Bauauftrag rechtfertigen können. Diese Richtlinie hindert jedoch einen Mitgliedstaat nicht daran, weitere Ausschlussmaßnahmen vorzusehen, die gewährleisten sollen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter sowie der Grundsatz der Transparenz beachtet werden, sofern diese Maßnahmen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

2. Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Vorschrift entgegensteht, mit der in Verfolgung der legitimen Ziele der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge eine unwiderlegbare Vermutung eingeführt wird, dass die Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines im Sektor der Informationsmedien tätigen Unternehmens mit der Eigenschaft eines Eigentümers, eines Gesellschafters, eines Hauptaktionärs oder einer Führungskraft eines Unternehmens, das gegenüber dem Staat oder einer juristischen Person des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne mit der Ausführung von Bauarbeiten oder Lieferungen oder Dienstleistungen betraut ist, unvereinbar ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidung vom 8. Dezember 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 23. April 2007, in dem Verfahren

Michaniki AE

gegen

Ethniko Symvoulio Radiotileorasis,

Ypourgos Epikrateias,

Beteiligte:

Elliniki Technodomiki Techniki Ependytiki Viomichaniki AE, Rechtsnachfolgerin der Pantechniki AE,

und

Syndesmos Epicheiriseon Periodikou Typou,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas und K. Lenaerts (Berichterstatter) sowie der Richter A. Tizzano und J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter K. Schiemann, J. Klučka und A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader und des Richters J.-J. Kasel,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Elliniki Technodomiki Techniki Ependytiki Viomichaniki AE, Rechtsnachfolgerin der Pantechniki AE, vertreten durch K. Giannakopoulos, dikigoros,
  • der Syndesmos Epicheiriseon Periodikou Typou, vertreten durch K. Drougas, dikigoros,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch A. Samoni-Rantou, E.-M. Mamouna, A. Manitakis und I. Dionysopoulos als Bevollmächtigte,
  • des Rates der Europäischen Union, vertreten durch A. Lo Monaco, M.-M. Joséphidès und A. Vitro als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia, D. Kukovec und X. Lewis als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Oktober 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 (ABl. L 328, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/37).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft griechischen Rechts Michaniki AE (im Folgenden: Michaniki) einerseits und dem Ethniko Symvoulio Radiotileorasis (Nationaler Rundfunkrat, im Folgenden: ESR) und dem Ypourgos Epikrateias (Minister ohne Geschäftsbereich) andererseits über die Entscheidung, mit der der ESR der Pantechniki AE (im Folgenden: Pantechniki), ebenfalls eine Gesellschaft griechischen Rechts, eine Bescheinigung über das Nichtbestehen einer Unvereinbarkeit im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags erteilt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

Art. 6 der Richtlinie 93/37, der in deren Abschnitt I „Allgemeine Bestimmungen” steht, enthält folgenden Abs. 6:

„Die öffentlichen Auftraggeber tragen dafür Sorge, dass nicht zwischen...

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