Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärte Beihilfe. Voraussetzung der vorherigen Rückzahlung durch den Empfänger einer früheren, für rechtswidrig erklärten Beihilfe. Begriff ‚wirtschaftliche’. Einheit. Gemeinsame Kontrolle durch zwei unterschiedliche Muttergesellschaften. Entstellung der Klagegründe. Begründungsfehler und -mängel
Beteiligte
AceaElectrabel / Kommission |
AceaElectrabel Produzione SpA |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die AceaElectrabel Produzione SpA trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.
3. Die Electrabel SA trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 26. November 2009,
AceaElectrabel Produzione SpA mit Sitz in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigte: L. Radicati di Brozolo und M. Merola, avvocati,
Klägerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch V. Di Bucci als Bevollmächtigten,
Beklagte im ersten Rechtszug,
ElectrabelSA mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: L. Radicati di Brozolo und M. Merola, avvocati,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter), A. Rosas und A. Ó Caoimh sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2010,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt AceaElectrabel Produzione SpA (im Folgenden: AEP) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 8. September 2009, AceaElectrabel/Kommission (T-303/05, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung 2006/598/EG der Kommission vom 16. März 2005 über das Staatliche Beihilfevorhaben der italienischen Region Latium mit dem Ziel der Verringerung der Treibhausgasemissionen (ABl. 2006, L 244, S. 8, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 2
Der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt, wie er in den Randnrn. 1 bis 17 des angefochtenen Urteils dargestellt ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen.
Rz. 3
AEP ist ein italienisches Stromerzeugungsunternehmen, das von Electrabel Italia SpA (im Folgenden: Electrabel Italia) und AceaElectrabel Holding SpA (im Folgenden: AceaElectrabel) zu jeweils 50 % kontrolliert wird.
Rz. 4
Electrabel Italia wird zu 100 % von Electrabel SA (im Folgenden: Electrabel) kontrolliert, die ihren Sitz in Belgien hat.
Rz. 5
AceaElectrabel ist ein von ACEA SpA (im Folgenden: ACEA) und Electrabel Italia gegründetes Gemeinschaftsunternehmen. Dieses Gemeinschaftsunternehmen ist im Strom- und im Gassektor tätig. Es wird zu 59,41 % von ACEA und zu 40,59 % von Electrabel Italia kontrolliert. In den Gründungsverträgen war vorgesehen, dass ACEA zwei Wärmekraftwerke und fünf Wasserkraftwerke an AEP übertragen sollte, während Electrabel eine Reihe von Projekten für die Einrichtung von Anlagen beisteuern sollte.
Rz. 6
AceaElectrabel kontrolliert im Übrigen ganz oder teilweise die Unternehmen AceaElectrabel Energia (100 %), AceaElectrabel Elettricità (100 %) und AceaElectrabel Trading (im Folgenden: AE Trading) (84,17 %).
Rz. 7
Somit lässt sich die Struktur dieser Unternehmen wie folgt darstellen:
Rz. 8
Am 28. Januar 2002 meldete die Italienische Republik bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zwei Investitionsbeihilfevorhaben an, zu denen die Errichtung eines Fernheizungsnetzes in der Nähe von Rom gehörte, das durch ein teilweise modernisiertes und umgebautes Blockheizkraftwerk mit Energie gespeist werden und auf diese Weise ein neues Viertel mit Heizung versorgen sollte (im Folgenden: fragliche Beihilfe). Die Investitionskosten dieses Vorhabens beliefen sich auf 9 500 000 Euro und die fragliche Beihilfe auf 3 800 000 Euro.
Rz. 9
Mit Schreiben vom 13. Mai 2003 übermittelte die Kommission der Italienischen Republik ihre Entscheidung, in Bezug auf die fragliche Beihilfe das förmliche Prüfverfahren gemäß Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen. Sie war der Ansicht, dass die fragliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, dass jedoch die vom Gerichtshof im Urteil vom 15. Mai 1997, TWD/Kommission (C-355/95 P, Slg. 1997, I-2549), mit dem das Urteil des Gerichts vom 13. September 1995, TWD/Kommission (T-244/93 und T-486/93, Slg. 1995, II-2265), bestätigt worden ist (im Folgenden: Rechtsprechung TWD/Kommission), aufgestellten Grundsätze anzuwenden seien.
Rz. 10
Hierzu führte die Kommission zum einen aus, dass ACEA einer der städtischen Betriebe des Energiesektors sei, der von Beihi...