Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Niederlassungsfreiheit. Art. 43 EG -Gesundheit der Bevölkerung. Betrieb von Laboren für biomedizinische Analysen. Nationale Regelung, die die Beteiligung von Gesellschaftern, die nicht den Beruf des Biologen ausüben, auf 25 % des Gesellschaftskapitals begrenzt. Verbot der Beteiligung am Kapital von mehr als zwei für den gemeinsamen Betrieb eines oder mehrerer Labore für biomedizinische Analysen gegründeten Gesellschaften. Ziel der Gewährleistung der beruflichen Unabhängigkeit von Biologen. Ziel des Erhalts einer Angebotsvielfalt in der medizinischen Biologie. Kohärenz. Verhältnismäßigkeit
Beteiligte
Tenor
1. Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 43 EG verstoßen, dass sie es Biologen untersagt hat, an mehr als zwei für den gemeinsamen Betrieb eines oder mehrerer Labore für biomedizinische Analysen gegründeten Gesellschaften beteiligt zu sein.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Französische Republik und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 2. März 2009,
Europäische Kommission, vertreten durch G. Rozet und E. Traversa als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und B. Messmer als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, A. Rosas (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Juni 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 43 EG verstoßen hat, dass sie den Anteil am Kapital einer Gesellschaft zur Ausübung eines freien Berufs mit beschränkter Haftung (im Folgenden: SELARL), die Labore für biomedizinische Analysen betreibt, der von Personen gehalten werden darf, die keine berufliche Qualifikation als Biologe besitzen, und damit die Stimmrechte solcher Personen in einer solchen Gesellschaft auf höchstens ein Viertel begrenzt hat und dass sie die Beteiligung am Kapital von mehr als zwei für den gemeinsamen Betrieb eines oder mehrerer Labore für biomedizinische Analysen gegründeten Gesellschaften verboten hat.
Nationaler rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Art. 5 des Gesetzes Nr. 90-1258 vom 31. Dezember 1990 über die Ausübung freier Berufe in Form einer Gesellschaft, für die ein Gesetzes- oder Verordnungsstatut gilt oder deren Titel geschützt ist, und über Holdinggesellschaften freier Berufe (JORF vom 5. Januar 1991, S. 216) sieht vor:
„Mehr als die Hälfte des Gesellschaftskapitals und der Stimmrechte muss unmittelbar oder über die unten in Nr. 4 erwähnte Gesellschaft im Besitz von Berufsangehörigen sein, die ihre Berufstätigkeit innerhalb der Gesellschaft ausüben.
Vorbehaltlich der Anwendung der Bestimmungen des Art. 6 kann der verbleibende Anteil im Besitz sein von
- natürlichen oder juristischen Personen, die den oder die Berufe ausüben, die Gegenstand der Gesellschaft sind;
- natürlichen Personen, die jede Berufstätigkeit aufgegeben und die den oder die Berufe innerhalb der Gesellschaft ausgeübt haben, während einer Frist von zehn Jahren;
- den Rechtsnachfolgern der oben genannten natürlichen Personen während einer Frist von fünf Jahren nach deren Tod;
- einer gemäß den Vorschriften des Art. 220 quater A des Code général des impôts [Allgemeines Steuergesetzbuch] gegründeten Gesellschaft, wenn deren Gesellschafter ihren Beruf innerhalb der Gesellschaft zur Ausübung eines freien Berufs ausüben;
- Personen, die entweder einen der freien Gesundheitsberufe, einen der freien juristischen Berufe oder einen der übrigen freien Berufe ausgeübt haben, auf die Art. 1 Abs. 1 abstellt, sofern die Ausübung eines dieser Berufe den Gegenstand der Gesellschaft darstellt.
Die Zahl der Gesellschaften, die zur Ausübung eines bestimmten Berufs gegründet wurden und an denen eine der oben in Nr. 1 oder Nr. 5 genannten natürlichen oder juristischen Personen Anteile besitzen darf, kann für einen Beruf durch Dekret des Conseil d'Etat beschränkt werden.
Fällt eine der in diesem Artikel genannten Voraussetzungen weg, verfügt die Gesellschaft über eine Frist von einem Jahr, um den Einklang mit den Bestimmungen dieses Gesetzes wieder herzustellen. Andernfalls kann jeder Betroffene bei einem Gericht die Auflösung der Gesellschaft beantragen. Das Gericht kann der Gesellschaft eine Frist von höchstens sechs Monaten gewähren, um die Situation zu bereinigen. Wenn diese Bereinigun...