Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 2001/18/EG. Absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen. Ort der Freisetzung. Vertraulichkeit
Beteiligte
Tenor
1. Der „Ort der Freisetzung” im Sinne von Art. 25 Abs. 4 erster Gedankenstrich der Richtlinie 2001/18/EG Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates wird durch alle Informationen über den Standort der Freisetzung bestimmt, die der Anmelder den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet diese Freisetzung erfolgen soll, im Rahmen der Verfahren nach den Art. 6 bis 8, 13, 17, 20 oder 23 dieser Richtlinie vorgelegt hat.
2. Der Mitteilung der in Art. 25 Abs. 4 der Richtlinie 2001/18 genannten Informationen kann kein Vorbehalt zugunsten des Schutzes der öffentlichen Ordnung oder anderer gesetzlich geschützter Interessen entgegengehalten werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Conseil d'État (Frankreich) mit Entscheidung vom 21. November 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Dezember 2007, in dem Verfahren
Commune de Sausheim
gegen
Pierre Azelvandre
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters T. von Danwitz, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász und J. Malenovský,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2008, unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Commune de Sausheim, vertreten durch D. Le Prado, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A.-L. During als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch S. Papaioannou, V. Karra und I. Chalkias als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, M. de Mol und M. de Grave als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz und B. Majczyna als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Zadra und J.-B. Laignelot als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. Dezember 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft so, wie es vom vorlegenden Gericht formuliert ist, Art. 19 der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. L 117, S. 15).
Rz. 2
Im Ausgangsrechtsstreit wird eine Verwaltungsentscheidung angefochten, die im Jahr 2004 erging. Nach Art. 34 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (ABl. L 106, S. 1) hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um dieser Richtlinie bis zum 17. Oktober 2002 nachzukommen. Nach Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2001/18 wurde die Richtlinie 90/220 zu diesem Zeitpunkt aufgehoben. Unter diesen Umständen ist das Vorabentscheidungsersuchen anhand der Bestimmungen der Richtlinie 2001/18 zu prüfen.
Rz. 3
Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Commune de Sausheim (im Folgenden: Gemeinde Sausheim) und Herrn Azelvandre wegen der Weigerung der Gemeinde, Herrn Azelvandre Schreiben des Präfekten und Standortblätter zu Versuchen der absichtlichen Freisetzung genetisch veränderter Organismen (im Folgenden: GVO) zu übermitteln.
Gemeinschaftsrechtlicher Rahmen
Rz. 4
Art. 1 der Richtlinie 2001/18 bestimmt:
„Entsprechend dem Vorsorgeprinzip ist das Ziel dieser Richtlinie die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten und der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt
- bei der absichtlichen Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt zu anderen Zwecken als dem Inverkehrbringen in der Gemeinschaft
- beim Inverkehrbringen genetisch veränderter Organismen als Produkt oder in Produkten in der Gemeinschaft.”
Rz. 5
Nach Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie bedeutet „absichtliche Freisetzung” jede Art von absichtlichem Ausbringen eines GVO oder einer Kombination von GVO in die Umwelt, bei dem keine spezifischen Einschließungsmaßnahmen angewandt werden, um ihren Kontakt mit der Bevölkerung und der Umwelt zu begrenzen und ein hohes Sicherheitsniveau für die Bevölkerung und die Umwelt zu erreichen.
Rz. 6
In Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie sind die allgemeinen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten festgelegt:
„(1) Die Mitgliedstaaten tragen im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip dafür Sorge, dass alle geeigneten Maßnahmen getroffen werden, damit die absichtliche Freisetzu...