Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenverkehr. Sozialvorschriften. Verordnung (EWG) Nr. 3821/85. Verpflichtung zum Einbau und zur Benutzung eines Fahrtenschreibers. Verordnung (EWG) Nr. 3820/85. Ausnahme für die Fahrzeuge, die Material und Ausrüstungen befördern
Beteiligte
Raemdonck und Raemdonck-Janssens |
Tenor
Die Begriffe „Material oder Ausrüstungen” in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr sind im Rahmen der in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr vorgesehenen abweichenden Regelung dahin auszulegen, dass es dabei nicht ausschließlich um „Werkzeuge und Arbeitsmittel” geht, sondern dass unter diese Begriffe auch die für die durchzuführenden Arbeiten, die zur Haupttätigkeit des Fahrers des betreffenden Fahrzeugs gehören, notwendigen Gegenstände wie Baustoffe oder Kabel fallen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Rechtbank van eerste aanleg Dendermonde (Belgien) mit Entscheidung vom 19. Januar 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 9. März 2004, in dem Strafverfahren gegen
Annic Andréa Raemdonck,
Raemdonck-Janssens BVBA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie der Richter A. La Pergola, J.-P. Puissochet, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch K. Manji als Bevollmächtigten im Beistand von M. Demetriou, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils als Bevollmächtigten,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 370, S. 1).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen die Gesellschaft belgischen Rechts Raemdonck-Janssens BVBA (im Folgenden: Raemdonck-Janssens) und Frau Raemdonck, Geschäftsführerin dieser Gesellschaft, wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (ABl. L 370, S. 8).
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Nach der Verordnung Nr. 3821/85 müssen Fahrzeuge, die für Beförderungen im Straßenverkehr eingesetzt werden, mit einem Fahrtenschreiber ausgerüstet sein. Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung lautet:
„Das Unternehmen bewahrt die Schaublätter nach der Benutzung mindestens ein Jahr lang gut geordnet auf; es händigt den betreffenden Fahrern auf Verlangen eine Kopie der Schaublätter aus. Die Schaublätter sind jedem zuständigen Kontrollbeamten auf Verlangen vorzulegen oder auszuhändigen.”
4
Nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3821/85 können die Mitgliedstaaten die in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3820/85 genannten Fahrzeuge von der Anwendung der Verordnung freistellen. Sie setzen die Kommission der Europäischen Gemeinschaften von jeder Freistellung nach dieser Bestimmung in Kenntnis.
5
Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3820/85 bestimmt:
„(1) Ein Mitgliedstaat kann für sein Hoheitsgebiet oder mit Zustimmung des betreffenden Mitgliedstaats für das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats Abweichungen von jeder Bestimmung dieser Verordnung zulassen, die Beförderungen mit Fahrzeugen einer oder mehrerer der folgenden Arten betreffen:
g)
Fahrzeuge, die in einem Umkreis von 50 km vom Standort des Fahrzeugs zur Beförderung von Material oder Ausrüstungen verwendet werden, die der Fahrer in Ausübung seines Berufes benötigt; Voraussetzung ist, dass das Führen des Fahrzeugs für den Fahrer nicht die Haupttätigkeit darstellt und die mit dieser Verordnung verfolgten Ziele durch die Abweichung nicht ernsthaft beeinträchtigt werden. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass diese Abweichung nur im Rahmen von Einzelgenehmigungen gewährt wird;
…
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Ausnahmen mit, die sie nach diesem Absatz gewähren.”
6
Artikel 1 Absatz 3 dieser Verordnung definiert als „Fahrer” „jede Person, die das Fahrzeug, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenkt oder sich in dem Fahrzeug befindet, um es gegebenenfalls lenken zu können”.
Nationales Recht
7
In Belgien sind die Bestimmungen der Verordnung Nr. 3821/85 durch die Königliche Verordnung vom 13. Juli 1984 (Moniteur belge vom 4. Oktober 1984, S. 13509) in der Fassung der Königlichen Verordnung vom 10. November 1987 (Moniteur belge vom 19. Dezember 1987, S. 19062) durchgefüh...