Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Richtlinie 72/166/EWG. Art. 3 Abs. 1. Richtlinie 84/5/EWG. Art. 2 Abs. 1. Richtlinie 90/232/EWG. Art. 1. Anspruch auf Schadensersatz durch die obligatorische Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Voraussetzungen für die Begrenzung. Schadensbeitrag. Kein Verschulden der Fahrer. Gefährdungshaftung
Beteiligte
Manuel Carvalho Ferreira Santos |
Companhia Europeia de Seguros SA |
Tenor
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und Art. 1 der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die für den Fall, dass bei einem Zusammenstoß zweier Fahrzeuge Schäden entstanden sind, ohne dass einen der Fahrer ein Verschulden trifft, die Haftung für diese Schäden entsprechend dem Anteil aufteilt, zu dem die einzelnen Fahrzeuge zu den Schäden beigetragen haben, und bei Zweifeln in dieser Hinsicht festlegt, dass beide Fahrzeuge gleichermaßen zu den Schäden beigetragen haben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunal da Relação do Porto (Portugal) mit Entscheidung vom 24. November 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 30. November 2009, in dem Verfahren
Manuel Carvalho Ferreira Santos
gegen
Companhia Europeia de Seguros SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter), A. Rosas und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. Ventrella, avvocato dello Stato,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Yerrell und M. Telles Romão als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 7. Dezember 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Erste Richtlinie), Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. 1984, L 8, S. 17, im Folgenden: Zweite Richtlinie) und Art. 1 der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. L 129, S. 33, im Folgenden: Dritte Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Carvalho Ferreira Santos (im Folgenden: Herr Carvalho) und der Companhia Europeia de Seguros SA (im Folgenden: Europeia de Seguros) wegen Ersatzes der Schäden, die Herrn Carvalho beim Zusammenstoß seines Fahrzeugs mit einem Fahrzeug entstanden sind, für das Europeia de Seguros die Haftpflicht deckt, durch Europeia de Seguros im Rahmen der Kraftfahrzeug-Haftpflicht.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie bestimmt:
„Jeder Mitgliedstaat trifft … alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist. Die Schadensdeckung sowie die Modalitäten dieser Versicherung werden im Rahmen dieser Maßnahmen bestimmt.”
Rz. 4
Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie lautet:
„Jeder Mitgliedstaat trifft zweckdienliche Maßnahmen, damit jede Rechtsvorschrift oder Vertragsklausel in einer nach Artikel 3 Absatz 1 der [Ersten Richtlinie] ausgestellten Versicherungspolice, mit der die Nutzung oder Führung von Fahrzeugen durch
- hierzu weder ausdrücklich noch stillschweigend ermächtigte Personen oder
- Personen, die keinen Führerschein für das betreffende Fahrzeug besitzen, oder
- Personen, die den gesetzlichen Verpflichtungen in Bezug auf Zustand und S...