Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Richtlinie 72/166/EWG. Art. 3 Abs. 1. Richtlinie 84/5/EWG. Art. 2 Abs. 1. Richtlinie 90/232/EWG. Art. 1. Anspruch auf Schadensersatz durch die obligatorische Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Haftpflicht des Versicherten. Beitrag des Geschädigten zum Schaden. Begrenzung des Schadensersatzanspruchs
Beteiligte
Vítor Hugo Marques Almeida |
Companhia de Seguros Fidelidade-Mundial SA |
Jorge Manuel da Cunha Carvalheira |
Fundo de Garantia Automóvel |
Tenor
Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens sind Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und Art. 1 der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung dahin auszulegen, dass sie innerstaatlichen Bestimmungen nicht entgegenstehen, nach denen im Fall eines Zusammenstoßes zweier Kraftfahrzeuge, durch den der Insasse eines dieser Fahrzeuge körperliche Schäden erlitten hat, ohne dass den Fahrern der genannten Fahrzeuge ein Verschulden zur Last gelegt werden kann, die Haftpflicht der Versicherten begrenzt oder ausgeschlossen werden kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal da Relação de Guimarães (Portugal) mit Entscheidung vom 22. April 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juni 2010, in dem Verfahren
Vítor Hugo Marques Almeida
gegen
Companhia de Seguros Fidelidade-Mundial SA,
Jorge Manuel da Cunha Carvalheira,
Paulo Manuel Carvalheira,
Fundo de Garantia Automóvel
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten L. Bay Larsen und A. Rosas, der Kammerpräsidentin M. Berger und des Kammerpräsidenten E. Jarašiūnas, sowie der Richter E. Juhász, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal und des Richters C. G. Fernlund,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Marques Almeida, vertreten durch A. Novo, advogada,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und S. Nunes de Almeida als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und F. Wannek als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Guerra e Andrade, N. Yerrell und G. Braun als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 5. Juli 2012
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Erste Richtlinie), Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. 1984, L 8, S. 17, im Folgenden: Zweite Richtlinie) sowie Art. 1 und Art. 1a der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. L 129, S. 33, im Folgenden: Dritte Richtlinie). Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Marques Almeida einerseits und der Companhia de Seguros Fidelidade-Mundial SA (im Folgenden: Fidelidade-Mundial), Herrn da Cunha Carvalheira und Herrn Carvalheira sowie dem Fundo de Garantia Automóvel andererseits wegen des Ersatzes der Schäden, die Herr Marques Almeida bei einem Verkehrsunfall erlitten hat, durch die beklagten Parteien im Rahmen der Kraftfahrzeug-Haftpflicht.
Rz. 2
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie heißt es:
„Jeder Mitgliedstaat trifft … alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist. Die Schadensdeckung sowie die Modalitäten dieser Versicherung werden im Rahmen dieser Maßnahmen bestimmt.”
Rz. 4
Art. 2 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie bestimmt:
„Jeder Mitgliedstaat trifft zweckdienliche Maßnahmen, damit jede...