Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Gesellschaftsrecht. Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren. Zwangsversteigerung von Wertpapieren

 

Normenkette

Richtlinie 2003/71/EG Art. 3 Abs. 1

 

Beteiligte

Almer Beheer und Daedalus Holding

Almer Beheer BV

Daedalus Holding BV

Van den Dungen Vastgoed BV

Oosterhout II BVBA

 

Tenor

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG in der durch die Richtlinie 2008/11/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts vor jedwedem öffentlichen Angebot von Wertpapieren nicht für eine Zwangsversteigerung von Wertpapieren wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gilt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 28. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Oktober 2012, in dem Verfahren

Almer Beheer BV,

Daedalus Holding BV

gegen

Van den Dungen Vastgoed BV,

Oosterhout II BVBA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), G. Arestis, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. de Ree und C. Wissels als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Möller sowie J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und M. Szpunar als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und D. Tavares als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Nijenhuis und R. Vasileva als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 19. Juni 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. h und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 345, S. 64) in der durch die Richtlinie 2008/11/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 (ABl. L 76, S. 37) (im Folgenden: Prospektrichtlinie) geänderten Fassung.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Almer Beheer BV und der Daedalus Holding BV (im Folgenden: Almer Beheer u. a.) einerseits und der Van den Dungen Vastgoed BV und der Oosterhout II BVBA (im Folgenden: Van den Dungen u. a.) andererseits wegen des Antrags von Almer Beheer u. a., die Zwangsversteigerung von Wertpapieren, deren Inhaberin sie sind, der Pflicht der Veröffentlichung eines Prospekts zu unterwerfen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 10, 18 und 19 der Prospektrichtlinie lauten wie folgt:

„(10) Ziel dieser Richtlinie und der in ihr vorgesehenen Durchführungsmaßnahmen ist es, in Übereinstimmung mit den strengen Aufsichtsbestimmungen, die in den einschlägigen internationalen Foren festgelegt wurden, den Anlegerschutz und die Markteffizienz sicherzustellen.

(18) Vollständige Informationen über Wertpapiere und deren Emittenten kommen – zusammen mit den Wohlverhaltensregeln – dem Anlegerschutz zugute. Darüber hinaus stellen diese Informationen ein wirksames Mittel dar, um das Vertrauen in die Wertpapiere zu erhöhen und so zur reibungslosen Funktionsweise und zur Entwicklung der Wertpapiermärkte beizutragen. Die geeignete Form zur Bereitstellung dieser Informationen ist die Veröffentlichung eines Prospekts.

(19) Anlagen in Wertpapieren sind – wie alle anderen Anlageformen – mit Risiken behaftet. Deshalb sind in allen Mitgliedstaaten Schutzmaßnahmen zur Absicherung der Interessen der derzeitigen und potenziellen Anleger erforderlich, um sie in die Lage zu versetzen, eine fundierte Bewertung der Anlagerisiken vornehmen und somit Anlageentscheidungen in voller Kenntnis der Sachlage treffen zu können.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Ziel dieser Richtlinie ist die Harmonisierung der Bedingungen für die Erstellung, die Billigung und die Verbreitung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren bzw. bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem geregelten Markt, der in einem ...

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