Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Verbraucherschutz. Basisprospekt. Prospektnachtrag. Endgültige Bedingungen. Zeitpunkt sowie Art und Weise der Veröffentlichung erforderlicher Informationen. Voraussetzungen der Veröffentlichung in elektronischer Form

 

Normenkette

Richtlinie 2003/71/EG Art. 14 Abs. 2 Buchst. b; VO (EG) Nr. 809/2004 Art. 22 Abs. 2, Art. 29 Abs. 1

 

Beteiligte

Timmel

Michael Timmel

Aviso Zeta AG

 

Tenor

1. Art. 22 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung ist dahin auszulegen, dass gemäß Abs. 1 dieser Vorschrift zwingend aufzunehmende Informationen, die zwar zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Basisprospekts nicht bekannt waren, jedoch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Nachtrags zu diesem Prospekt bekannt sind, in den Nachtrag aufzunehmen sind, wenn es sich bei den Informationen um einen wichtigen neuen Umstand oder eine wesentliche Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit, die die Beurteilung der Wertpapiere beeinflussen könnten, im Sinne von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, handelt; dies zu beurteilen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

2. Die Veröffentlichung eines Basisprospekts ohne die zwingend notwendigen Informationen gemäß Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 809/2004, insbesondere die in Anhang V dieser Verordnung aufgeführten Angaben, genügt nicht den Anforderungen von Art. 22 der Verordnung, wenn sie nicht durch die Veröffentlichung der endgültigen Bedingungen ergänzt wird. Damit die Informationen, die gemäß Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 809/2004 im Basisprospekt enthalten sein müssen, in die endgültigen Konditionen eingefügt werden können, müssen im Basisprospekt die Informationen angegeben werden, die in die endgültigen Konditionen aufzunehmen sind, und diese Informationen müssen die in Art. 22 Abs. 4 der Verordnung genannten Anforderungen erfüllen.

3. Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung Nr. 809/2004 ist dahin auszulegen, dass das Erfordernis der leichten Zugänglichkeit eines Prospekts bei Aufrufen der Webseite, auf der er veröffentlicht wird, nicht erfüllt ist, wenn auf der Website eine mit einer Haftungsausschlussklausel und der Pflicht zur Bekanntgabe einer E-Mail-Adresse verbundene Registrierungspflicht besteht, wenn dieser elektronische Zugang kostenpflichtig ist oder wenn die kostenlose Abrufbarkeit von Prospektteilen auf zwei Dokumente pro Monat begrenzt ist.

4. Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2003/71 ist dahin auszulegen, dass der Basisprospekt dem Publikum sowohl am Sitz des Emittenten als auch bei den Finanzintermediären zur Verfügung gestellt werden muss.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Handelsgericht Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 12. Juli 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Juli 2012, in dem Verfahren

Michael Timmel

gegen

Aviso Zeta AG,

Beteiligte:

Lore Tinhofer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), G. Arestis, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn M. Timmel, vertreten durch die Rechtsanwälte W. Haslinger und J. Motamedi de Silva,
  • der Aviso Zeta AG, vertreten durch Rechtsanwalt A. Jank,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und S. Šindelková als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. de Ree als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Cunha und S. Borba als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, I. Rogalski und R. Vasileva als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. November 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 345, S. 64, im Folgenden: Prospektrichtlinie) sowie der Art. 22 Abs. 2 und 29 Abs. 1 der ...

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