Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung. Pflicht, Tiere vor der Tötung zu betäuben. Ausnahme im Rahmen der rituellen Schlachtung. Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, nationale Vorschriften zu erlassen, die einen umfassenderen Schutz von Tieren bei der rituellen Schlachtung bezwecken. Auslegung. Nationale Regelung, die für die rituelle Schlachtung eine Betäubung vorschreibt, die umkehrbar und nicht geeignet ist, den Tod herbeizuführen. Religionsfreiheit. Freiheit, seine Religion zu bekennen. Beschränkung. Verhältnismäßigkeit. Fehlender Konsens zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Den Mitgliedstaaten zuerkannter Wertungsspielraum. Subsidiaritätsprinzip. Gültigkeit. Unterschiedliche Behandlung der rituellen Schlachtung und der Tötung von Tieren bei der Jagd oder bei der Fischerei sowie bei kulturellen oder Sportveranstaltungen. Keine Diskriminierung
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 Art. 4 Abs. 1, 4, Art. 26 Abs. 2; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 20-22, 10; AEUV Art. 13
Beteiligte
Centraal Israëlitisch Consistorie van België u. a |
Centraal Israëlitisch Consistorie van België u. a |
Unie Moskeeën Antwerpen VZW |
Islamitisch Offerfeest Antwerpen VZW |
Executief van de Moslims van België u. a |
Coördinatie Comité van Joodse Organisaties van België – Section belge du Congrès juif mondial et Congrès juif européen VZW u. a |
Tenor
1. Art. 26 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung ist im Licht von Art. 13 AEUV und Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die im Rahmen der rituellen Schlachtung ein Verfahren einer Betäubung vorschreibt, die umkehrbar und nicht geeignet ist, den Tod des Tieres herbeizuführen, nicht entgegensteht.
2. Die Prüfung der dritten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 26 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1099/2009 in Frage stellen könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof, Belgien) mit Entscheidung vom 4. April 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 18. April 2019, in dem Verfahren
Centraal Israëlitisch Consistorie van België u. a.,
Unie Moskeeën Antwerpen VZW,
Islamitisch Offerfeest Antwerpen VZW,
JG,
KH,
Executief van de Moslims van België u. a.,
Coördinatie Comité van Joodse Organisaties van België – Section belge du Congrès juif mondial et Congrès juif européen VZW u. a.
gegen
Vlaamse Regering,
Beteiligte:
LI,
Waalse Regering,
Kosher Poultry BVBA u. a.,
Global Action in the Interest of Animals VZW (GAIA),
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten E. Regan, M. Ilešič, L. Bay Larsen und A. Kumin, des Richters T. von Danwitz, der Richterin C. Toader, der Richter M. Safjan und D. Šváby (Berichterstatter), der Richterin L. S. Rossi sowie der Richter I. Jarukaitis und N. Jääskinen,
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2020,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Centraal Israëlitisch Consistorie van België u. a. sowie der Kosher Poultry BVBA u. a., vertreten durch E. Maes und C. Caillet, advocaten, sowie durch E. Jacubowitz, avocat,
- der Unie Moskeeën Antwerpen VZW und der Islamitisch Offerfeest Antwerpen VZW, vertreten durch I. Akrouh, advocaat,
- des Executief van de Moslims van België u. a., vertreten durch J. Roets, advocaat,
- des Coördinatie Comité van Joodse Organisaties van België – Section belge du Congrès juif mondial et Congrès juif européen VZW u. a., vertreten durch E. Cloots, advocaat,
- von LI, vertreten durch sich selbst,
- der Vlaamse Regering, vertreten durch V. De Schepper und J.-F. De Bock, advocaten,
- der Waalse Regering, vertreten durch X. Drion, advocaat,
- der Global Action in the Interest of Animals VZW (GAIA), vertreten durch A. Godfroid, advocaat,
- der dänischen Regierung, vertreten durch J. Nymann-Lindegren, M. P. Jespersen, P. Ngo und M. Wolff als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski und H. Leppo als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch H. Eklinder, C. Meyer-Seitz, H. Shev, J. Lundberg und A. Falk als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch F. Naert und E. Karlsson als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Krämer, A. Bouquet und B. Eggers als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. September 2020
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung v...