Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit. Begriff ‚Versicherungszeiten’. Berechnung der Altersrente. Zu berücksichtigende Versicherungszeiten. Grenzgänger. Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit. Zusammentreffen von ähnlichen Leistungen, die von zwei Mitgliedstaaten gezahlt werden. Nichtberücksichtigung dieses Zeitraums als Versicherungszeit. Wohnsitzvoraussetzung. Nationale Antikumulierungsregel

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 1 Buchst. r, Art. 46

 

Beteiligte

Mulders

Edgard Mulders

Rijksdienst voor Pensioenen

 

Tenor

Die Art. 1 Buchst. r und 46 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung sind im Licht des Art. 13 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung und der Art. 45 AEUV und 48 AEUV dahin auszulegen, dass sie verwehren, bei der Berechnung der Altersrente in einem Mitgliedstaat einen Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit, in dem eine Leistung der Krankenversicherung, auf die Beiträge zur Altersversicherung einbehalten wurden, an einen Wanderarbeitnehmer in einem anderen Mitgliedstaat gezahlt wurde, von den Rechtsvorschriften dieses anderen Mitgliedstaats deswegen nicht als „Versicherungszeit” im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen, weil der Betreffende nicht in diesem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und/oder eine ähnliche Leistung nach den Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats bezogen hat, die nicht mit dieser Leistung der Krankenversicherung kumuliert werden durfte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Arbeidshof te Antwerpen (Belgien) mit Entscheidung vom 27. Oktober 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Oktober 2011, in dem Verfahren

Edgard Mulders

gegen

Rijksdienst voor Pensioenen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič sowie der Richter E. Jarašiūnas, A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters C. G. Fernlund,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und M. van Beek als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 1 Buchst. r und 46 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Mulders und dem Rijksdienst voor Pensioenen (belgisches Landespensionsamt, im Folgenden: RVP) wegen der Nichtberücksichtigung eines Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit, für die er eine Leistung der Krankenversicherung in einem anderen Mitgliedstaat, im vorliegenden Fall den Niederlanden, bezog, für die Berechnung seiner Altersrente in Belgien.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

„Für die Anwendung dieser Verordnung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

r) ‚Versicherungszeiten’: die Beitrags-, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer Selbständigentätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt worden sind oder als zurückgelegt gelten, als Versicherungszeiten bestimmt oder anerkannt sind, sowie alle gleichgestellten Zeiten, soweit sie nach diesen Rechtsvorschriften als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind;

…”

Rz. 4

Art. 13 dieser Verordnung, der zu deren Titel II („Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften”) gehört, sieht in Abs. 2 eine Reihe von Regeln für die Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit vor. Diese Regeln gelten, soweit nicht die Art. 14 bis 17 dieser Verordnung, die verschiedene Sonderregeln enthalten, etwas anderes bestimmen.

Rz. 5

Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 lautet:

„Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat.”

Rz. 6

Art. 13 Abs. 2 Buchst. f dieser Verordnung, ...

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