Entscheidungsstichwort (Thema)
Unlautere Geschäftspraktiken. Praktik, einem Verbraucher mitzuteilen, dass er einen Preis gewonnen hat, und ihm für dessen Entgegennahme die Übernahme von Kosten aufzuerlegen
Normenkette
Richtlinie 2005/29/EG
Beteiligte
McIntyre & Dodd Marketing Ltd |
Tenor
Nr. 31 zweiter Gedankenstrich des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass er aggressive Praktiken verbietet, mit denen Gewerbetreibende wie die an dem Ausgangsverfahren beteiligten den fälschlichen Eindruck erwecken, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl die Möglichkeit des Verbrauchers, Handlungen in Bezug auf die Inanspruchnahme des Preises vorzunehmen, wie etwa die Erkundigung nach der Natur dieses Preises oder dessen Entgegennahme, von der Zahlung eines Betrags oder der Übernahme von Kosten durch den Verbraucher abhängig gemacht wird.
Es ist unerheblich, wenn die dem Verbraucher auferlegten Kosten, wie z. B. die Kosten einer Briefmarke, im Vergleich zum Wert des Preises geringfügig sind oder dem Gewerbetreibenden keinen Vorteil bringen.
Unerheblich ist auch, wenn der Gewerbetreibende dem Verbraucher für die Inanspruchnahme eines Preises etwa verschiedene Vorgehensweisen anbietet, von denen zumindest eine gratis ist, sofern eine oder mehrere der angebotenen Vorgehensweisen voraussetzen, dass der Verbraucher Kosten übernimmt, um sich über den Preis oder die Modalitäten seiner Entgegennahme zu informieren.
Es ist Sache der nationalen Gerichte, die den Verbrauchern übermittelten Informationen im Licht der Erwägungsgründe 18 und 19 sowie des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29 über unlautere Geschäftspraktiken, d. h. unter Berücksichtigung der Klarheit und der Verständlichkeit dieser Informationen für das Zielpublikum der betreffenden Praktik, zu beurteilen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 2. August 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 16. August 2011, in dem Verfahren
Purely Creative Ltd,
Strike Lucky Games Ltd,
Winners Club Ltd,
McIntyre & Dodd Marketing Ltd,
Dodd Marketing Ltd,
Adrian Williams,
Wendy Ruck,
Catherine Cummings,
Peter Henry
gegen
Office of Fair Trading
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Richters A. Rosas (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter U. Lõhmus und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Purely Creative Ltd u. a., vertreten durch K. de Haan, QC, und N. Tillott, Solicitor,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ossowski und E. Jenkinson als Bevollmächtigte im Beistand von J. Simor, Barrister,
- der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González als Bevollmächtigten,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda, M. van Beek und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Nr. 31 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149, S. 22).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen fünf auf den Versand von Werbung spezialisierten Unternehmen und mehreren ihrer Mitarbeiter (im Folgenden: Gewerbetreibende), einerseits, und dem Office of Fair Trading (im Folgenden: OFT), einer für die Durchsetzung von Verbraucherschutzregelungen zuständigen Behörde, anderer...