Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 92/50/EWG. Öffentliche Dienstleistungsaufträge. Nationale Regelung, die die Vergabe wirtschaftlich bedeutsamer lokaler öffentlicher Dienstleistungen auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Vereinbarkeit
Beteiligte
Tenor
Art. 26 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in der durch die Richtlinie 2001/78/EG der Kommission vom 13. September 2001 geänderten Fassung steht nationalen Bestimmungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, die Bewerber oder Bieter, die gemäß den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats zur Erbringung der betreffenden Dienstleistung berechtigt sind, einschließlich Bietergemeinschaften an der Abgabe von Angeboten in einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, deren Wert den Schwellenwert für die Anwendung der Richtlinie 92/50 überschreitet, allein deshalb hindern, weil diese Bewerber oder Bieter nicht die einer bestimmten Kategorie von juristischen Personen entsprechende Rechtsform, nämlich die von Kapitalgesellschaften, haben.
Es obliegt dem nationalen Gericht, eine innerstaatliche Vorschrift unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden und, soweit eine solche konforme Auslegung nicht möglich ist, Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, unangewendet zu lassen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia (Italien) mit Entscheidung vom 16. Juni 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 30. August 2006, in dem Verfahren
Frigerio Luigi & C. Snc
gegen
Comune di Triuggio,
weitere Beteiligte:
Azienda Servizi Multisettoriali Lombarda – A.S.M.L. SpA,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Achten Kammer G. Arestis in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), J. Malenovský und T. von Danwitz,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Frigerio Luigi & C. Snc, vertreten durch M. Boifava, avvocato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Zadra und X. Lewis als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 26 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) in der durch die Richtlinie 2001/78/EG der Kommission vom 13. September 2001 (ABl. L 285, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 92/50), von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114), der Art. 39 EG, 43 EG, 48 EG und 81 EG, von Art. 9 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der durch die Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 75/442) und von Art. 7 der Richtlinie 2006/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Abfälle (ABl. L 114, S. 9).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Frigerio Luigi & C. Snc (im Folgenden: Frigerio), einer offenen Handelsgesellschaft italienischen Rechts, und der Gemeinde Triuggio über die Vergabe eines Auftrags über die Verwaltung des Umwelthygienedienstes.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Ziel der Richtlinie 92/50 ist die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge. Nach ihrem zweiten Erwägungsgrund trägt sie zur schrittweisen Verwirklichung des Binnenmarktes bei, der einen Raum ohne Binnengrenzen umfasst, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist.
4 Nach dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie gilt insbesondere, dass Hemmnisse für den freien Dienstleistungsverkehr vermieden werden müssen und dass Dienstleistungserbringer deshalb sowohl natürliche als auch juristische Personen sein können.
5 Nach dem 20. Erwägungsgrund der Richtlinie muss zur Unterbindung von Praktiken, die zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führen und die insbesondere der Auftragsvergabe an Angehörige anderer Mitglied...