Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Art. 288 Abs. 2 EG. Außervertragliche Haftung der Union. Voraussetzungen. Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht. Entscheidung über die Rücknahme der Zulassung von Humanarzneimitteln, die den Stoff Amfepramon enthalten
Beteiligte
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Artegodan GmbH trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 5. Mai 2010,
Artegodan GmbH mit Sitz in Lüchow (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt U. Reese,
Klägerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch B. Stromsky und M. Heller als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Bundesrepublik Deutschland,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász, T. von Danwitz und D. Šváby,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2011,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. November 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Artegodan GmbH (im Folgenden: Artegodan) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 3. März 2010, Artegodan/Kommission (T-429/05, Slg. 2010, II-491, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage nach Art. 235 EG und Art. 288 Abs. 2 EG auf Ersatz des Schadens, der ihr durch den Erlass der Entscheidung K (2000) 453 der Kommission vom 9. März 2000 über die Rücknahme der Zulassung von Humanarzneimitteln, die den Stoff Amfepramon enthalten (im Folgenden: streitige Entscheidung), entstanden sein soll, abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 65/65/EWG
Rz. 2
Art. 3 der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (ABl. 1965, Nr. 22, S. 369) in der zuletzt durch die Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. L 214, S. 22) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 65/65) normiert den Grundsatz, dass ein Arzneimittel in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden darf, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. L 214, S. 1) erteilt wurde.
Rz. 3
Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 65/65 lautet:
„Die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 ist von der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Person bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats zu beantragen.”
Rz. 4
Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
„Die Genehmigung nach Artikel 3 wird versagt, wenn sich nach Prüfung der in Artikel 4 aufgeführten Angaben und Unterlagen ergibt, entweder dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich ist oder dass seine therapeutische Wirksamkeit fehlt oder vom Antragsteller unzureichend begründet ist oder dass das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist.”
Rz. 5
Art. 10 Abs. 1 der genannten Richtlinie sieht vor:
„Die Genehmigung ist fünf Jahre gültig; sie kann auf mindestens drei Monate vor ihrem Ablaufen zu stellenden Antrag des Inhabers für jeweils fünf Jahre verlängert werden; diese Verlängerung erfolgt nach einer von der zuständigen Behörde vorzunehmenden Prüfung der Unterlagen, die insbesondere eine Übersicht über den Stand der Angaben zur Pharmakovigilanz und die übrigen für die Arzneimittelüberwachung maßgebenden Informationen enthalten.”
Rz. 6
Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 65/65 lautet:
„Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten setzen die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels aus oder widerrufen sie, wenn sich herausstellt, entweder dass das Arzneimittel schädlich ist oder dass seine therapeutische Wirksamkeit fehlt oder dass das Arzneimittel nicht die angegebene quantitative und qualitative Zusammensetzung aufweist. Die therapeutische Wirksamkeit fehlt, wenn feststeht, dass sich mit dem Arzneimittel keine therapeutischen Ergebnisse erzielen lassen.”
Rz. 7
Nach Art. 21 der Richtlinie 65/65 darf die Genehmigung für das Inverkehrbringen nur aus den in dieser Richtlinie aufgeführten Gründen versagt, ausgesetzt oder widerrufen werden.
Richtlinie 75/319/EWG
Rz. 8
Die Zweite Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung d...