Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Selbständige Handelsvertreter. Ausgleichsanspruch und Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters nach Beendigung des Handelsvertretervertrags. Ausschluss des Ausgleichsanspruchs bei Kündigung des Vertrags während der darin festgelegten Probezeit

 

Normenkette

Richtlinie 86/653/EWG Art. 17

 

Beteiligte

CMR

Conseils et mise en relations (CMR) SARL

Demeures terre et tradition SARL

 

Tenor

Art. 17 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter ist dahin auszulegen, dass die in seinen Abs. 2 und 3 vorgesehene Ausgleichs- und Schadensersatzregelung im Fall der Beendigung des Handelsvertretervertrags anwendbar ist, wenn die Beendigung während der in diesem Vertrag festgelegten Probezeit eintritt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) mit Entscheidung vom 6. Dezember 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Dezember 2016, in dem Verfahren

Conseils et mise en relations (CMR) SARL

gegen

Demeures terre et tradition SARL

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Vajda und E. Juhász, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Demeures terre et tradition SARL, vertreten durch F. Molinié, avocat,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und M. Hellmann als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Hottiaux und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Oktober 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. 1986, L 382, S. 17).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Conseils et mise en relations (CMR) SARL und der Demeures terre et tradition SARL (im Folgenden: DTT) wegen einer Klage von CMR auf Zahlung eines Ausgleichs zum Ersatz des mit der Beendigung ihres Handelsvertretervertrags mit DTT verbundenen Schadens und auf Ersatz des ihr durch die rechtsmissbräuchliche Auflösung dieses Vertrags entstandenen Schadens.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2 und 3 der Richtlinie 86/653 lauten:

„Die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Handelsvertretungen beeinflussen die Wettbewerbsbedingungen und die Berufsausübung innerhalb der [Europäischen Union] spürbar und beeinträchtigen den Umfang des Schutzes der Handelsvertreter in ihren Beziehungen zu ihren Unternehmen sowie die Sicherheit im Handelsverkehr. Diese Unterschiede erschweren im Übrigen auch erheblich den Abschluss und die Durchführung von Handelsvertreterverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Handelsvertreter, die in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassen sind.

Der Warenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten muss unter Bedingungen erfolgen, die denen eines Binnenmarktes entsprechen, weswegen die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in dem zum guten Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlichen Umfang angeglichen werden müssen. Selbst vereinheitlichte Kollisionsnormen auf dem Gebiet der Handelsvertretung können die erwähnten Nachteile nicht beseitigen und lassen daher einen Verzicht auf die vorgeschlagene Harmonisierung nicht zu.”

Rz. 4

Art. 1 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Harmonisierungsmaßnahmen gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die die Rechtsbeziehungen zwischen Handelsvertretern und ihren Unternehmern regeln.

(2) Handelsvertreter im Sinne dieser Richtlinie ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person (im folgenden Unternehmer genannt) den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen.

…”

Rz. 5

Art. 17 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Anspruch auf Ausgleich nach Absatz 2 oder Schadensersatz nach Absatz 3 hat.

(2) a) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf einen Ausgleich, wenn und soweit

  • er für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorte...

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