Entscheidungsstichwort (Thema)
Öffentliche Aufträge. Richtlinie 92/50/EWG. Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge. Begriff der ‚Vergabe eines Auftrags„
Beteiligte
pressetext Nachrichtenagentur |
pressetext Nachrichtenagentur GmbH |
Republik Österreich (Bund) |
APA-OTS Originaltext-Service GmbH |
APA Austria Presse Agentur registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung |
Tenor
1. Der Begriff der „Vergabe” in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 und der Begriff „vergeben” in Art. 8 und Art. 9 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge sind dahin auszulegen, dass sie nicht eine Situation wie die des Ausgangsverfahrens umfassen, in der vom ursprünglichen Dienstleistungserbringer an den öffentlichen Auftraggeber erbrachte Dienstleistungen auf einen anderen Dienstleistungserbringer in Form einer Kapitalgesellschaft übertragen werden, deren Alleingesellschafter der ursprüngliche Dienstleistungserbringer ist, der den neuen Dienstleistungserbringer kontrolliert und ihm Weisungen erteilt, wenn der ursprüngliche Dienstleistungserbringer weiterhin die Haftung für die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen übernimmt.
2. Der Begriff der „Vergabe” in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 und der Begriff „vergeben” in Art. 8 und Art. 9 der Richtlinie 92/50 sind dahin auszulegen, dass sie eine Anpassung des ursprünglichen Vertrags an veränderte äußere Umstände, wie die Umrechnung ursprünglich in nationaler Währung ausgedrückter Preise in Euro, die geringfügige Verringerung dieser Preise zu ihrer Rundung und die Bezugnahme auf einen neuen Preisindex, der gemäß den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrags den zuvor festgelegten Index ersetzt, nicht umfassen.
3. Der Begriff der „Vergabe” in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 und der Begriff „vergeben” in Art. 8 und Art. 9 der Richtlinie 92/50 sind dahin auszulegen, dass sie nicht eine Situation wie die des Ausgangsverfahrens umfassen, in der ein öffentlicher Auftraggeber mit dem Auftragnehmer während der Laufzeit eines Dienstleistungsauftrags von unbestimmter Dauer in einem Nachtrag vereinbart, eine Kündigungsverzichtsklausel für drei Jahre zu verlängern, die zum Zeitpunkt der Vereinbarung der neuen Klausel unwirksam geworden wäre, und für bestimmte Staffelpreise in einem besonderen Bereich größere Rabatte als die ursprünglich vorgesehenen festzulegen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesvergabeamt (Österreich) mit Entscheidung vom 10. November 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2006, in dem Verfahren
pressetext Nachrichtenagentur GmbH
gegen
Republik Österreich (Bund),
APA-OTS Originaltext-Service GmbH,
APA Austria Presse Agentur registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter U. Lõhmus, J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der pressetext Nachrichtenagentur GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt G. Estermann,
- der Republik Österreich (Bund), vertreten durch A. Schittengruber und C. Mayr als Bevollmächtigte,
- der APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der APA Austria Presse Agentur registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, vertreten durch Rechtsanwalt J. Schramm,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann und C. Mayr als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch J.-C. Gracia als Bevollmächtigten,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Kukovec und R. Sauer als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 13. März 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) und der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 92/50 geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der pressetext Nachrichtenagentur GmbH (im Folgenden: PN) gegen die Republik Österreich, die APA-OTS Originaltext-Service GmbH (im Folgenden: APA-OTS) und die APA Austria Presse Agentur registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden: APA) wegen eines Auftrags über Dienstleistungen einer Nachrichtenagentur.
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