Entscheidungsstichwort (Thema)
Zucker. Verordnung (EG) Nr. 318/2006. Art. 16. Berechnung der Höhe der Produktionsabgabe. Einbeziehung der aus dem Markt genommenen Quotenzuckermenge in die Bemessungsgrundlage der Abgabe. Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung
Beteiligte
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft |
Tenor
1. Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker ist dahin auszulegen, dass auch die Quotenzuckermenge, die gemäß Art. 19 dieser Verordnung und Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 290/2007 der Kommission vom 16. März 2007 zur Festsetzung des in Artikel 19 der Verordnung Nr. 318/2006 genannten Prozentsatzes für das Wirtschaftsjahr 2007/08 aus dem Markt genommen wurde, in die Bemessungsgrundlage der Produktionsabgabe einbezogen wird.
2. Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 16 der Verordnung Nr. 318/2006 berühren könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 4. Juli 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 11. August 2008, in dem Verfahren
Agrana Zucker GmbH
gegen
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann, P. Kūris (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Agrana Zucker GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte W. Schwartz und H.-J. Prieß sowie durch B. Kurzai und H. Husemeyer,
- der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriauciunas als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch M. Moore und Z. Kupcová als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher und P. Rossi als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. Januar 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und die Gültigkeit von Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 58, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Beschwerde der Agrana Zucker GmbH (im Folgenden: Agrana Zucker) gegen einen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 25. März 2008 betreffend die Produktionsabgabe für Zucker für das Wirtschaftsjahr 2007/08.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 318/2006
Rz. 3
Mit der vom Rat der Europäischen Union im Rahmen der 2006 erfolgten Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker erlassenen Verordnung Nr. 318/2006 wurden neue Verfahren und Quotenkürzungen vorgesehen. Außerdem wurden mit der Verordnung eine als „Produktionsabgabe” bezeichnete Abgabe und neue, von der Europäischen Kommission zu verwaltende Marktinstrumente wie die Marktrücknahme eingeführt.
Rz. 4
Zur Produktionsabgabe heißt es im 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 318/2006:
„Es sollte eine Produktionsabgabe eingeführt werden, um zur Finanzierung der Ausgaben im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker beizutragen.”
Rz. 5
Art. 16 („Produktionsabgabe”) der Verordnung bestimmt:
„1. Ab dem Wirtschaftsjahr 2007/2008 wird auf die [Zuckerquote], über die die [zuckererzeugenden] Unternehmen verfügen, eine Produktionsabgabe erhoben.
2. Die Produktionsabgabe wird festgesetzt auf 12,00 [Euro] pro Tonne Quotenzucker …
3. Die gesamte gemäß Absatz 1 gezahlte Produktionsabgabe wird von dem Mitgliedstaat bei den in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen nach Maßgabe der in dem betreffenden Wirtschaftsjahr besessenen Quote erhoben.
Die Zahlungen durch die Unternehmen müssen spätestens Ende Februar des jeweiligen Wirtschaftsjahres erfolgen.
4. Die [Zuckerunternehmen] der Gemeinschaft können die Zuckerrüben- oder Zuckerrohrerzeuger oder Zichorienlieferanten auffordern, bis zu 50 % der betreffenden Produktionsabgabe zu übernehmen.”
Rz. 6
Nach Art. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 318/2006 bezeichnet der Ausdruck „Quotenzucker” alle Zuckermengen, die unter Anrechnung auf ein bestimmtes Wirtschaftsjahr im Rahmen der Quote des betreffenden Unternehmens erzeugt werden.
Rz. 7
Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 318/2006 beginnt das Wirtschaftsjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres.
Rz. 8
Zur Marktrücknahme wird im 22. Erwägungsgrund der Verordnung ausgeführt:
„Es sollten neue, von der Kommission zu verwaltende Markti...