Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters. Nationale Regelung, die bewirkt, dass die Besoldung mancher Richter höher ist als die anderer Richter, die denselben Rang haben und dieselben Tätigkeiten ausüben. Zweck. Abschließender Charakter der genannten Diskriminierungen
Normenkette
Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 1-2, Art. 1
Beteiligte
Curtea de Apel Alba Iulia u.a |
Curtea de Apel Alba Iulia u. a |
Tenor
1. Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er keine Anwendung findet auf eine nationale Regelung, die in der Auslegung durch eine verbindliche nationale Rechtsprechung dazu führt, dass die Besoldung von bestimmten Richtern, die nach dem Inkrafttreten dieser Regelung eingestellt wurden, niedriger ist als diejenige von Richtern, die vor deren Inkrafttreten eingestellt wurden, da sich daraus keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters ergibt.
2. Die Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass sie einer Diskriminierung nur dann entgegensteht, wenn diese auf einem der in ihrem Art. 1 ausdrücklich aufgezählten Gründe beruht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Oradea (Berufungsgericht Oradea, Rumänien) mit Entscheidung vom 12. April 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Mai 2021, in dem Verfahren
Curtea de Apel Alba Iulia u. a.
gegen
YF u. a.,
Beteiligte:
Consiliul Naţional pentru Combaterea Discriminării,
Tribunalul Cluj,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer A. Arabadjiev (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie des Richters A. Kumin und der Richterin I. Ziemele,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane als Bevollmächtigte im Beistand von A. Wellman, Consilier,
- von Irland, vertreten durch M. Browne, A. Joyce und J. Quaney als Bevollmächtigte im Beistand von D. Fennelly, BL,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Carpus Carcea und D. Martin als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 Buchst. c a. E. und Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16) sowie von Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen YF u. a., sieben rumänischen Richtern (im Folgenden: in Rede stehende Richter), auf der einen Seite und der Curtea de Apel Alba Iulia (Berufungsgericht Alba Iulia, Rumänien) sowie vier weiteren rumänischen Gerichten in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber dieser Richter (im Folgenden: betreffende Gerichte) auf der anderen Seite über einen Antrag, die betreffenden Gerichte wegen einer angeblichen Diskriminierung in Bezug auf die Beschäftigung zu verurteilen, den in Rede stehenden Richtern eine Entschädigung in Höhe der Differenz zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und derjenigen zu zahlen, die sie gemäß einer nationalen Regelung, die sie für auf sie anwendbar halten, hätten erhalten müssen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Gemäß ihrem Art. 1 bezweckt die Richtlinie 2000/78 „die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten”.
Rz. 4
Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie sieht vor:
„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.
(2) Im Sinne des Absatzes 1
- liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;
liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuell...