Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Obligatorische Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Begriff der Nutzung eines Fahrzeugs. Nationale Regelung, die das Führen von Kraftfahrzeugen auf nicht ‚für den Verkehr’ geeigneten Wegen und Flächen mit Ausnahme der Wege und Flächen ausschließt, die obschon sie insoweit nicht geeignet sind, dennoch ‚gemeinhin genutzt werden’
Normenkette
Richtlinie 2009/103/EG Art. 3 Abs. 1
Beteiligte
AIG Europe Limited, Sucursal en España |
Unión Española de Entidades Aseguradoras y Reaseguradoras (Unespa) |
Tenor
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach der vom Pflichtversicherungsschutz Schäden ausgeschlossen werden können, die beim Führen von Kraftfahrzeugen auf nicht „für den Verkehr geeigneten” Wegen und Flächen – mit Ausnahme von hierfür zwar nicht geeigneten, aber „gemeinhin genutzten” Wegen und Flächen – eingetreten sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Audiencia Provincial de Albacete (Provinzgericht Albacete, Spanien) mit Entscheidung vom 23. Mai 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Juni 2016, in dem Verfahren
José Luis Núñez Torreiro
gegen
AIG Europe Limited, Sucursal en España, vormals Chartis Europe Limited, Sucursal en España,
Unión Española de Entidades Aseguradoras y Reaseguradoras (Unespa)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. G. Fernlund sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und E. Regan,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der AIG Europe Limited, Sucursal en España und der Unión Española de Entidades Aseguradoras y Reaseguradoras (Unespa), vertreten durch J. Marín López, abogado,
- der spanischen Regierung, vertreten durch V. Ester Casas als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Mentgen als Bevollmächtigte,
- von Irland, vertreten durch A. Joyce, L. Williams und G. Hodge als Bevollmächtigte im Beistand von G. Gilmore, Barrister,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, vertreten durch J. Kraehling als Bevollmächtigte im Beistand von A. Bates, Barrister,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Rius und K.-P. Wojcik als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Juni 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 3 und 5 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. 2009, L 263, S. 11).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn José Luis Núñez Torreiro einerseits und der AIG Europe Limited, Sucursal en España, vormals Chartis Europe Limited, Sucursal en España (im Folgenden: AIG) sowie der Unión Española de Entidades Aseguradoras y Reaseguradoras (Unespa) (Spanischer Versicherer- und Rückversichererverband) andererseits über die Zahlung von Schadensersatz im Rahmen der obligatorischen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (im Folgenden: Pflichtversicherung) infolge eines Unfalls auf einem Truppenübungsplatz.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 1, 2 und 20 der Richtlinie 2009/103 heißt es:
„(1) Die Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht [(ABl. 1972, L 103, S. 1)], die Zweite Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [(ABl. 1984, L 8, S. 17)], die Dritte Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [(ABl. 1990, L 129, S. 33)] und die Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG des Rates] (Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie) [(ABl. 2000, L 181, S. 65)] wurden mehrfach und erheblich geändert … Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, die vier genannten Richtlinien wie auch die Richtlinie 2005/14/EG des Europä...