Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Altersrente. Berechnung des theoretischen Betrages der Leistung. Berücksichtigung des Betrages, der zur Erreichung des nach dem nationalen Recht vorgesehenen Mindestruhegehalts erforderlich ist

 

Beteiligte

Koschitzki

Ursel Koschitzki

Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS)

 

Tenor

Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 3096/95 des Rates vom 22. Dezember 1995, ist dahin auszulegen, dass der zuständige Träger bei der Bestimmung des theoretischen Betrages der Rente, der als Berechnungsgrundlage für die proratisierte Rente dient, nicht verpflichtet ist, eine im nationalen Recht vorgesehene Ergänzungsleistung zur Erreichung der Mindestrente zu berücksichtigen, wenn ein Versicherter, der seine gesamte Berufstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausgeübt hat, aufgrund der Überschreitung der durch die nationalen Vorschriften über diese Ergänzungsleistung festgelegten Einkommensgrenzen keinen Anspruch auf eine solche Ergänzungsleistung hätte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Tribunale Bozen (Italien) mit Entscheidung vom 9. Januar 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Januar 2004, in dem Verfahren

Ursel Koschitzki

gegen

Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin) sowie der Richter K. Schiemann, E. Juhász und M. Ilešič,

Generalanwalt: F. G. Jacobs,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Koschitzki, vertreten durch M. Rossi, R. Ciancaglini und K. de Guelmi Cuccurullo, avvocati,
  • des Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS), vertreten durch A. Todaro, A. Riccio und N. Valente, avvocati,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Pignataro und D. Martin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Mai 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 46 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 3096/95 des Rates vom 22. Dezember 1995 (ABl. L 335, S. 10) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Koschitzki und dem Istituto nazionale della previdenza sociale (Staatliche Anstalt für soziale Vorsorge, im Folgenden: INPS) über die Berechnung der proratisierten Altersrente von Frau Koschitzki.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 1 der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor:

„Für die Anwendung dieser Verordnung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

t) ‚Leistungen’ und ‚Renten’: sämtliche Leistungen und Renten einschließlich aller ihrer Teile aus öffentlichen Mitteln, aller Zuschläge, Anpassungsbeträge und Zulagen, soweit Titel III nichts anderes vorsieht; ferner die Kapitalabfindungen, die an die Stelle der Renten treten können, sowie Beitragserstattungen”.

4 Artikel 46 Absätze 1 und 3 der Verordnung Nr. 1408/71 mit der Überschrift „Feststellung der Leistungen” bestimmt:

„(1) Sind die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auch ohne Anwendung des Artikels 45 und des Artikels 40 Absatz 3 erfüllt, so gilt Folgendes:

a) Der zuständige Träger berechnet den Leistungsbetrag, der wie folgt geschuldet würde:

i) allein nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften,

ii) nach Absatz 2.

(2) Sind die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nur nach Anwendung des Artikels 45 und/oder des Artikels 40 Absatz 3 erfüllt, so gilt Folgendes:

  1. Der zuständige Träger berechnet den theoretischen Betrag der Leistung, auf die die betreffende Person Anspruch hätte, wenn alle nach den für den Arbeitnehmer oder Selbständigen geltenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungs- und/oder Wohnzeiten nur in dem betreffenden Staat und nach den...

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