Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Nationale Fluggaststeuer. Anwendung unterschiedlicher Steuersätze. Niedrigerer Steuersatz für Flüge zu Zielen, die maximal 300 km von dem nationalen Flughafen entfernt liegen. Vorteil. Selektiver Charakter. Beurteilung für den Fall, dass die steuerliche Maßnahme geeignet ist, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darzustellen. Rückforderung. Verbrauchsteuer
Beteiligte
Ryanair Designated Activity Company |
Tenor
1. Die Urteile des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Februar 2015, Aer Lingus/Kommission (T-473/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:78), und Ryanair/Kommission (T-500/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:73), werden aufgehoben, soweit damit Art. 4 des Beschlusses 2013/199/EU der Kommission vom 25. Juli 2012 über die staatliche Beihilfe SA.29064 (11/C, ex 11/NN) – Differenzierte Fluggaststeuersätze in Irland insoweit für nichtig erklärt wird, als er die Rückforderung der Beihilfe von den Begünstigten in Höhe eines im 70. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auf 8 Euro je Fluggast festgelegten Betrags anordnet.
2. Die Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.
3. Die von der Aer Lingus Ltd und der Ryanair Designated Activity Company gegen den Beschluss 2013/199 erhobenen Nichtigkeitsklagen werden abgewiesen.
4. Die Aer Lingus Ltd und die Ryanair Designated Activity Company tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen Kommission sowohl vor dem Gericht der Europäischen Union als auch im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union entstanden sind.
5. Irland trägt seine eigenen Kosten.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend zwei Rechtsmittel gemäß Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingereicht am 9. April 2015,
Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, D. Grespan, T. Maxian Rusche und B. Stromsky als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Aer Lingus Ltd mit Sitz in Dublin (Irland), Prozessbevollmächtigte: K. Bacon und A. Robertson, QC, sowie D. Bailey, Barrister, im Auftrag von A. Burnside, Solicitor,
Klägerin im ersten Rechtszug (C-164/15 P) und Streithelferin im ersten Rechtszug (C-165/15 P),
Ryanair Designated Activity Company, vormals Ryanair Ltd, mit Sitz in Dublin (Irland), Prozessbevollmächtigte: B. Kennelly, QC, I.-G. Metaxas-Maragkidis, dikigoros, und E. Vahida, avocat,
Klägerin im ersten Rechtszug (C-165/15 P),
Irland, vertreten durch E. Creedon, J. Quaney und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von E. Regan, SC, und B. Doherty, BL,
Streithelfer im ersten Rechtszug (C-164/15 P und C-165/15 P),
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter M. Vilaras (Berichterstatter), J. Malenovský, M. Safjan und D. Šváby,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2016,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Juli 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihren Rechtsmitteln beantragt die Europäische Kommission in der Rechtssache C-164/15 P die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Februar 2015, Aer Lingus/Kommission (T-473/12, nicht veröffentlicht, im Folgenden: Urteil Aer Lingus, EU:T:2015:78), und in der Rechtssache C-165/15 P die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Februar 2015, Ryanair/Kommission (T-500/12, nicht veröffentlicht, im Folgenden: Urteil Ryanair, EU:T:2015:73) (im Folgenden zusammen: angefochtene Urteile), mit denen das Gericht den von der Aer Lingus Ltd bzw. der Ryanair Designated Activity Company, vormals Ryanair Ltd (im Folgenden: Ryanair), erhobenen Klagen teilweise stattgegeben und Art. 4 des Beschlusses 2013/199/EU der Kommission vom 25. Juli 2012 über die staatliche Beihilfe SA.29064 (11/C, ex 11/NN) – Differenzierte Fluggaststeuersätze in Irland (ABl. 2013, L 119, S. 30, im Folgenden: streitiger Beschluss) insoweit für nichtig erklärt hat, als mit diesem Artikel die Rückforderung der Beihilfe von den Begünstigten in Höhe eines im 70. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auf 8 Euro je Fluggast festgelegten Betrags angeordnet wird.
Rz. 2
Mit ihren Anschlussrechtsmitteln beantragen Aer Lingus und Ryanair ebenfalls die Aufhebung des Urteils Aer Lingus bzw. des Urteils Ryanair.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 659/1999
Rz. 3
Art. 14 „Rückforderung von Beihilfen”) der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) lautet wie folgt:
„(1) In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend ‚Rückfor...