Normenkette
Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 47; Richtlinie 89/665/EWG Art. 1 Abs. 1, 3; EUV Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2
Beteiligte
Randstad Italia |
Randstad Italia SpA |
Umana SpA |
Azienda USL Valle d’Aosta |
IN. VA SpA |
Synergie Italia agenzia per il Lavoro SpA |
Tenor
Art. 4 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 1 EUV sowie Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 geänderten Fassung sind im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung des nationalen Rechts eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, die der nationalen Rechtsprechung zufolge bewirkt, dass Einzelne, wie etwa Bieter, die an einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge teilgenommen haben, ein Urteil des obersten Verwaltungsgerichts dieses Mitgliedstaats im Rahmen einer Beschwerde vor dem obersten ordentlichen Gericht dieses Mitgliedstaats nicht mit der Begründung anfechten können, dass dieses Urteil mit dem Unionsrecht unvereinbar sei.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) mit Entscheidung vom 7. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 30. September 2020, in dem Verfahren
Randstad Italia SpA
gegen
Umana SpA,
Azienda USL Valle d'Aosta,
IN. VA SpA,
Synergie Italia agenzia per il Lavoro SpA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, C. Lycourgos (Berichterstatter), E. Regan, I. Jarukaitis und N. Jääskinen, der Kammerpräsidentin I. Ziemele, des Kammerpräsidenten J. Passer sowie der Richter M. Ilešič, J.-C. Bonichot, T. von Danwitz, M. Safjan, A. Kumin und N. Wahl,
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: C. Di Bella, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2021,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Randstad Italia SpA, vertreten durch M. Brugnoletti und S. D. Tomaselli, avvocati,
- der Umana SpA, vertreten durch F. Bertoldi, avvocato,
- der Azienda USL Valle d'Aosta, vertreten durch F. Dal Piaz und P. Borioni, avvocati,
- der Synergie Italia agenzia per il Lavoro SpA, vertreten durch A. M. Balestreri, avvocato,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino und P. Gentili, avvocati dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Erlbacher, P. Stancanelli, P. J. O. Van Nuffel und G. Gattinara als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. September 2021
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 1 EUV sowie von Art. 2 Abs. 1 und 2 und Art. 267 AEUV im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta). Des Weiteren betrifft es die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und 3 sowie von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 (ABl. 2014, L 94, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Randstad Italia SpA (im Folgenden: Randstad) auf der einen und der Umana SpA, der Azienda USL Valle d'Aosta (örtliche Gesundheitsbehörde der Region Valle d'Aosta, Italien; im Folgenden: USL), der IN. VA SpA sowie der Synergie Italia agenzia per il Lavoro SpA (im Folgenden: Synergie) auf der anderen Seite über zum einen den Ausschluss von Randstad von einem Vergabeverfahren und zum anderen die Ordnungsmäßigkeit dieses Verfahrens.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In Art. 1 („Anwendungsbereich und Zugang zu Nachprüfungsverfahren”) der Richtlinie 89/665 heißt es:
„(1) Diese Richtlinie gilt für Aufträge im Sinne der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65)], sofern diese Aufträge nicht gemäß den Artikeln 7, 8, 9, 10, 11, 12, 15, 16, 17 und 37 jener Richtlinie ausgeschlossen sind.
Sie gilt zudem für von öffentlichen Auftraggebern vergebene Konzessionen im Sinne der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. 2014, L 94, S. 1)], sofern diese Konzessionen nicht gemäß den Artikeln 10, 11, 12, 17...
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