Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereitstellung audiovisueller Mediendienste. Gültigkeit. Ereignisse, die von großem öffentlichen Interesse und Gegenstand exklusiver Fernsehübertragungsrechte sind. Recht der Fernsehveranstalter auf Zugang zu solchen Ereignissen zum Zweck der Kurzberichterstattung. Beschränkung einer etwaigen Kostenerstattung auf die mit der Gewährung dieses Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten. Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 16 und 17. Verhältnismäßigkeit
Normenkette
Richtlinie 2010/13/EU Art. 15 Abs. 6
Beteiligte
Österreichischer Rundfunk |
Tenor
Die Prüfung der Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) beeinträchtigen könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundeskommunikationssenat (Österreich) mit Entscheidung vom 31. Mai 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 2011, in dem Verfahren
Sky Österreich GmbH
gegen
Österreichischer Rundfunk
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, M. Ilešič, T. von Danwitz (Berichterstatter) und J. Malenovský, der Richter A. Borg Barthet, U. Lýhmus und J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter J.-J. Kasel, M. Safjan und D. Šváby,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Sky Österreich GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt G. Engin-Deniz,
- des Österreichischen Rundfunks, vertreten durch Rechtsanwalt S. Korn,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
- des Europäischen Parlaments, vertreten durch R. Kaškina und U. Rösslein als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch R. Liudvinaviciute-Cordeiro und J. Herrmann als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, S. La Pergola und C. Vrignon als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Juni 2012
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit von Art. 15 Abs. 6 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95, S. 1, und Berichtigung ABl. L 263, S. 15).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Sky Österreich GmbH (im Folgenden: Sky) und dem Österreichischen Rundfunk (ORF) über die finanziellen Bedingungen, unter denen der ORF für die Kurzberichterstattung ein Recht auf Zugang zum Satellitensignal hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2007/65/EG
Rz. 3
Die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23) ist durch die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (ABl. L 332, S. 27) geändert worden. Mit deren Art. 1 Nr. 9 ist in die Richtlinie 89/552 ein Art. 3k eingefügt worden, der für die Fernsehveranstalter das Recht vorsieht, für die Kurzberichterstattung kurze Auszüge aus dem Sendesignal des Fernsehveranstalters zu verwenden, der Ereignisse von großem öffentlichen Interesse überträgt, an denen er die exklusiven Übertragungsrechte erworben hat.
Rz. 4
Eine eventuelle Kostenerstattung durfte nach Art. 3k Abs. 6 die unmittelbar mit der Gewährung des Zugangs verbundenen zusätzlichen Kosten nicht übersteigen.
Rz. 5
Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2007/65 mussten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen, um der Richtlinie bis zum 19. Dezember 2009 nachzukommen.
Rz. 6
Die Richtlinie 2007/65 ist gemäß ihrem Art. 4 am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, d. h. am 19. Dezember 2007, in Kraft getreten.
Richtlinie 2010/13
Rz. 7
Die Richtlinie 89/552 in ihrer durch die Richtlinie 2007/65 geänderten Fassung wurde durch Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie 2010/13 aufgehoben, deren 48. Erwägungsgrund lautet:
„Fernsehveranstalter können ausschließliche Fernsehübertragungsrechte für Ereignisse, die von großem Interesse für die Öffentlichkeit sind, erwerben. Gleichzeitig muss jedoch unbedingt der Pluralismus durch die Vielfalt der Nachrichten und Programme in der [Europä...