Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 2001/42/EG. Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme. Begriff der Pläne und Programme, ‚die aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen’. Anwendbarkeit dieser Richtlinie auf ein Verfahren zur völligen oder teilweisen Aufhebung eines Flächennutzungsplans
Beteiligte
Inter-Environnement Bruxelles u.a |
Inter-Environnement Bruxelles ASBL |
Pétitions-Patrimoine ASBL |
Atelier de Recherche et d'Action Urbaines ASBL |
Region Brüssel-Hauptstadt |
Tenor
1. Der in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme enthaltene Begriff der Pläne und Programme, „die aufgrund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen”, ist dahin auszulegen, dass er sich auch auf besondere Flächennutzungspläne wie den in der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung vorgesehenen bezieht.
2. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 ist dahin auszulegen, dass ein Verfahren zur völligen oder teilweisen Aufhebung eines Flächennutzungsplans wie das in den Art. 58 bis 63 des Brüsseler Raumordnungsgesetzbuchs in der durch die Ordonnanz vom 14. Mai 2009 geänderten Fassung vorgesehenen grundsätzlich in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt und somit ihren Bestimmungen über die Prüfung der Umweltauswirkungen unterliegt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verfassungsgerichtshof (Belgien) mit Entscheidung vom 25. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Dezember 2010, in dem Verfahren
Inter-Environnement Bruxelles ASBL,
Pétitions-Patrimoine ASBL,
Atelier de Recherche et d'Action Urbaines ASBL
gegen
Region Brüssel-Hauptstadt
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzlerin: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Inter-Environnement Bruxelles ASBL, der Pétitions-Patrimoine ASBL und der Atelier de Recherche et d'Action Urbaines ASBL, vertreten durch J. Sambon, avocat,
- der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne als Bevollmächtigten im Beistand von J. Sautois, avocate,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und D. Hadroušek als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch H. Walker als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Oliver und A. Marghelis als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. November 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197, S. 30).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Inter-Environnement Bruxelles ASBL, der Pétitions-Patrimoine ASBL und der Atelier de Recherche et d'Action Urbaines ASBL, Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht nach belgischem Recht, einerseits und der Region Brüssel-Hauptstadt andererseits, dem eine Klage auf Nichtigerklärung einiger Bestimmungen der Ordonnanz vom 14. Mai 2009 zur Abänderung der Ordonnanz vom 13. Mai 2004 zur Ratifizierung des Brüsseler Raumordnungsgesetzbuches (Belgisches Staatsblatt vom 27. Mai 2009, S. 38913, im Folgenden: Ordonnanz von 2009) zugrunde liegt.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2001/42
Rz. 3
Die Ziele der Richtlinie 2001/42 sind insbesondere ihrem Art. 1 zu entnehmen:
„Ziel dieser Richtlinie ist es, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden, indem dafür gesorgt wird, dass bestimmte Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, entsprechend dieser Richtlinie einer Umweltprüfung unterzogen werden.”
Rz. 4
Die Pläne und Programme werden in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42 wie folgt definiert:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
‚Pläne und Programme’: Pläne und Programme, einschließlich der von der Europäischen Gemeinschaft mitfinanzierten, sowie deren Änderungen,
- die von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgearbeitet und/oder angenommen werden oder die von einer Behörde für die Annahme durch das Parlament oder die Regierung im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden und
- die aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen”.
Rz. 5
Art. 3 der Richtli...