Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssysteme. Einlagen. Zwischenpositionen im Rahmen von normalen Bankgeschäften. Gelder, die einem Anleger geschuldet werden oder gehören und für dessen Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Kreditinstitut, das Wertpapiere ausgibt. Gelder, die Privatpersonen bei dem Kreditinstitut für die Zeichnung neuer Wertpapiere eingezahlt haben. Anwendung der Richtlinie 2004/39/EG. Insolvenz des Kreditinstituts vor Ausgabe der Wertpapiere. Öffentliches Unternehmen, das für die Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssysteme zuständig ist. Möglichkeit, sich gegenüber diesem Unternehmen auf die Richtlinien 94/19/EG und 97/9/EG zu berufen

 

Normenkette

Richtlinie 2004/39/EG; Richtlinie 97/9/EG – Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2; Richtlinie 94/19/EG – Art. 1 Nr. 1

 

Beteiligte

Anisimovienė u.a

Agnieška Anisimovienė u. a

Indelių ir investicijų draudimas” VĮ

 

Tenor

1. Die Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger und die Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme in der durch die Richtlinie 2009/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass Ansprüche in Bezug auf Gelder, die für die Zeichnung von Wertpapieren, die von einem Kreditinstitut ausgegeben werden sollten, von Konten von Privatpersonen bei dem Kreditinstitut abgebucht und auf Konten des Kreditinstituts übertragen worden sind, wenn die Wertpapiere wegen Insolvenz des Kreditinstituts nicht ausgegeben worden sind, sowohl unter die Anlegerentschädigungssysteme gemäß der Richtlinie 97/9 als auch unter die Einlagensicherungssysteme gemäß der Richtlinie 94/19 fallen.

2. Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 97/9 ist dahin auszulegen, dass das angerufene Gericht, wenn Forderungen sowohl unter die Einlagensicherungssysteme gemäß der Richtlinie 94/19 als auch unter die Anlegerentschädigungssysteme gemäß der Richtlinie 97/9 fallen, der nationale Gesetzgeber sie aber nicht einen System gemäß der einen oder anderen Richtlinie unterstellt hat, nicht selbst auf der Grundlage dieser Bestimmungen entscheiden darf, welches System auf die Inhaber der Forderungen Anwendung findet. In einem solchen Fall müssen Letztere entscheiden, nach welchem System, mit dem die Richtlinien durchgeführt worden sind, sie entschädigt werden wollen.

3. Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 94/19 in der durch die Richtlinie 2009/14 geänderten Fassung und Art. 1 Nr. 4 und Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 97/9 sind dahin auszulegen, dass sich Privatpersonen vor nationalen Gerichten auf sie berufen können, um gegen ein öffentliches Unternehmen, das in einem Mitgliedstaat für die Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssysteme zuständig ist, Entschädigungsansprüche geltend zu machen.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Oberster Gerichtshof, Litauen) mit Entscheidungen vom 18. Dezember 2015 (C-688/15) und vom 12. Februar 2016 (C-109/16), beim Gerichtshof eingegangen am 21. Dezember 2015 bzw. 25. Februar 2016, in den Verfahren

Agnieška Anisimovienė u. a.,

Beteiligte:

AB bankas „Snoras”, in Abwicklung,

„Indėlių ir investicijų draudimas” VĮ,

AB bankas „Finasta” (C-688/15),

und

„Indėlių ir investicijų draudimas” VĮ,

Beteiligte:

Alvydas Raišelis,

ABbankas „Snoras”, in Abwicklung (C-109/16),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Anisimovienė u. a., vertreten durch A. Mamontovas und A. Bambalas, advokatai,
  • der „Indėlių ir investicijų draudimas” VĮ, vertreten durch V. Impolevičienė im Beistand von S. Urbonavičius und A. Šekštelo, advokātai,
  • der AB bankas „Snoras”, in Abwicklung, vertreten durch A. Pilipavičius und V. Drizga, advokātai,
  • der litauischen Regierung, vertreten durch R. Krasuckaitė und G. Taluntytė als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K.-P. Wojcik und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Juni 2017

folgendes

 

Entscheidungsgründe

Urteil

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 1 Nr. 1, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (ABl. 1994, L 135, S. 5) in der durch die Richtlinie 2009/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 ...

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