Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsmarke. Einheitlichkeit. Feststellung einer Verwechslungsgefahr nur für einen Teil der Union. Territoriale Reichweite des in Art. 102 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 geregelten Verbots
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 102
Beteiligte
Commit Business Solutions Ltd |
Tenor
Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und Art. 102 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke sind dahin auszulegen, dass ein Unionsmarkengericht, wenn es feststellt, dass die Benutzung eines Zeichens in einem Teil des Gebiets der Europäischen Union zur Gefahr von Verwechslungen mit einer Unionsmarke führt, während in einem anderen Teil dieses Gebiets keine solche Gefahr besteht, zu dem Schluss kommen muss, dass eine Verletzung des durch die Marke verliehenen ausschließlichen Rechts vorliegt, und die Benutzung des Zeichens für das gesamte Gebiet der Europäischen Union mit Ausnahme des Teils, für den eine Verwechslungsgefahr verneint wurde, untersagen muss.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Mai 2015, in dem Verfahren
combit Software GmbH
gegen
Commit Business Solutions Ltd
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), der Richterin C. Toader, des Richters A. Rosas, der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der combit Software GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin J. Vogtmeier,
- der Commit Business Solutions Ltd, vertreten durch Rechtsanwalt C. Thomas,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda und T. Scharf als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Mai 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der combit Software GmbH und der Commit Business Solutions Ltd, in dem es darum geht, Letzterer die Benutzung eines Wortzeichens zu untersagen.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Die Verordnung Nr. 207/2009 wurde mit Wirkung vom 23. März 2016 durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21) geändert. In Anbetracht des für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgebenden Zeitraums ist das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen jedoch anhand der Verordnung Nr. 207/2009 in ihrer Fassung vor dieser Änderung (im Folgenden: Verordnung Nr. 207/2009) zu prüfen.
Rz. 4
Im dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 heißt es:
„Für die Verwirklichung der … Ziele der [Europäischen] Union ist ein Markensystem … erforderlich, das den Unternehmen ermöglicht, in einem einzigen Verfahren Unionsmarken zu erwerben, die einen einheitlichen Schutz genießen und im gesamten Gebiet der Union wirksam sind. Der hier aufgestellte Grundsatz der Einheitlichkeit der Unionsmarke sollte gelten, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.”
Rz. 5
Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung bestimmt:
„Die Unionsmarke ist einheitlich. Sie hat einheitliche Wirkung für die gesamte Union: Sie kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über den Verfall der Rechte des Inhabers oder die Nichtigkeit sein, und ihre Benutzung kann nur für die gesamte Union untersagt werden. Dieser Grundsatz gilt, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.”
Rz. 6
In Art. 8 Abs. 1 der Verordnung heißt es:
„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,
…
b) wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.”
Rz. 7
Art. 9 Abs. 1 dieser Ve...