Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge. Folgen der Unvereinbarkeit einer nationalen Abgabe mit dem Gemeinschaftsrecht
Beteiligte
Pomezia Progetti Appalti Srl (PPA) |
Tenor
Das nationale Gericht muß aufgrund seiner Verpflichtung, eine innerstaatliche Regelung, durch die eine gemeinschaftsrechtswidrige Abgabe eingeführt worden ist, unangewendet zu lassen, Anträgen auf Erstattung dieser Abgabe grundsätzlich stattgeben. Die Erstattung ist gemäß den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zu gewährleisten, wobei diese nicht ungünstiger gestaltet werden dürfen als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen; auch dürfen sie die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Eine eventuelle Neuqualifizierung der Rechtsbeziehungen, die durch die Erhebung einer später für gemeinschaftsrechtswidrig befundenen nationalen Abgabe zwischen der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats und den Gesellschaften in diesem Staat entstanden sind, unterliegt somit dem innerstaatlichen Recht.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag von der Pretura Circondariale Rom (Italien) in den bei dieser anhängigen Rechtsstreitigkeiten
Ministero delle Finanze
gegen
IN.CO.GE.'90 Srl (C-10/97),
Idelgard Srl (C-11/97),
Iris'90 Srl (C-12/97),
Camed Srl (C-13/97),
Pomezia Progetti Appalti Srl (PPA) (C-14/97),
Edilcam Srl (C-15/97),
A. Cecchini & C. Srl (C-16/97),
EMO Srl (C-17/97),
Emoda Srl (C-18/97),
Sappesi Srl (C-19/97),
Ing. Luigi Martini Srl (C-20/97),
Giacomo Srl (C-21/97),
Mafar Srl (C-22/97)
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Folgen der Unvereinbarkeit einer nationalen Abgabe mit dem Gemeinschaftsrecht im innerstaatlichen Recht
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten P. J. G. Kapteyn, J.-P. Puissochet (Berichterstatter), G. Hirsch und P. Jann sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, C. Gulmann, J. L. Murray, D. A. O. Edward, H. Ragnemalm, L. Sevón, M. Wathelet, R. Schintgen und K. M. Ioannou,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der italienischen Regierung, vertreten durch Professor Umberto Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, Beistand: Avvocato dello Stato Francesca Quadri,
- der französischen Regierung, vertreten durch Kareen Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, und Gautier Mignot, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, zunächst vertreten durch Lindsey Nicoll, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte, Beistand: Barrister Rhodri Thompson, sodann durch Stephanie Ridley,
- Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte, Beistand: Barrister Rhodri Thompson,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Enrico Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von IN.CO.GE.'90 Srl, Idelgard Srl, Iris'90 Srl und Sappesi Srl, vertreten durch Rechtsanwalt Gianni Manca, Rom, der italienischen Regierung, vertreten durch Avvocato dello Stato Ivo M. Braguglia, der französischen Regierung, vertreten durch Gautier Mignot, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Barrister Rhodri Thompson, und der Kommission, vertreten durch Enrico Traversa, in der Sitzung vom 19. März 1998,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Mai 1998,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1.
Die Pretura circondariale Rom hat mit 13 Beschlüssen vom 17. Dezember 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Januar 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach den Folgen der Unvereinbarkeit einer nationalen Abgabe mit dem Gemeinschaftsrecht im innerstaatlichen Recht zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Ministero delle Finanze (Finanzministerium) und der IN.CO.GE.'90 und zwölf anderen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (im folgenden: IN.CO.GE.'90 u. a.) wegen der Modalitäten der Erstattung der staatlichen Konzessionsabgaben für die Eintragung von Gesellschaften im Unternehmensregister (im folgenden: Konzessionsabgabe).
3.
Die Konzessionsabgabe wurde durch das Dekret Nr. 641 des Präsidenten der Republik vom 26. Oktober 1972 (GURI Nr. 292 vom 11. November 1972, Supplemento Nr. 3; im folgenden: Dekret Nr. 641/72) eingeführt. Sie wurde, soweit sie die Eintragung der...