Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 89/592/EWG. Insider-Geschäfte. Weitergabe von Insider-Informationen an Dritte. Verbot
Beteiligte
Tenor
1. Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte verbietet es, dass eine Person, die in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer Gesellschaft oder in ihrer Eigenschaft als Mitglied eines Verbindungsausschusses eines Konzerns Insider-Informationen erhält, diese Informationen an den Vorsitzenden der Arbeitnehmerorganisation weitergibt, in der diese Arbeitnehmer zusammengeschlossen sind und die diese Person als Mitglied des Verbindungsausschusses gewählt hat, soweit nicht
- ein enger Zusammenhang zwischen der Weitergabe und der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der Erfüllung ihrer Aufgaben besteht und
diese Weitergabe für die Ausübung dieser Arbeit oder dieses Berufes oder für die Erfüllung dieser Aufgaben unerlässlich ist.
Im Rahmen seiner Prüfung muss das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Vorschriften insbesondere Folgendem Rechnung tragen:
- dem Umstand, dass diese Ausnahme vom Verbot der Weitergabe von Insider-Informationen eng auszulegen ist;
- dem Umstand, dass jede zusätzliche Weitergabe die Gefahr vergrößern kann, dass diese Informationen mit einem der Richtlinie 89/592 zuwiderlaufenden Ziel ausgenutzt werden, und
- der Sensibilität der Insider-Information.
2. Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 verbietet eine Weitergabe von Insider-Informationen durch den Vorsitzenden einer Arbeitnehmerorganisation an Mitarbeiter wie die in der dritten und der vierten Frage bezeichneten, soweit nicht die in der Antwort auf die erste und die zweite Frage genannten Bedingungen erfüllt sind.
Im Rahmen seiner Prüfung hat das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Vorschriften insbesondere die ebenfalls in dieser Antwort genannten Kriterien zu berücksichtigen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Københavns Byret (Dänemark) mit Entscheidung vom 14. August 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Oktober 2002, in dem Strafverfahren gegen
Knud Grøngaard,
Allan Bang
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans und A. Rosas, der Richter J.-P. Puissochet, R. Schintgen, S. von Bahr (Berichterstatter) und J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2004,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Knud Grøngaard, vertreten durch L. Kjeldsen, advokat,
- von Allan Bang, vertreten durch J. Juul, advokat,
- der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg, dann durch J. Molde als Bevollmächtigten,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch N. B. Rasmussen und G. Zavvos als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Mai 2004
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte (ABl. L 334, S. 30).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Grøngaard und Herrn Bang wegen Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz (vædipapirhandelslov), mit dem die Richtlinie 89/592 in dänisches Recht umgesetzt wird.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Die Richtlinie 89/592 sieht in ihrem Artikel 1 vor:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Definitionen:
1. Insider-Information: eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die einen oder mehrere Emittenten von Wertpapieren oder ein oder mehrere Wertpapiere betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieses Wertpapiers oder dieser Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen.”
4 Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:
„Jeder Mitgliedstaat untersagt den Personen, die
- als Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Emittenten,
- durch ihre Beteiligung am Kapital des Emittenten oder
- aufgrund ihrer Arbeit, ihres Berufes oder ihrer Aufgaben zu dieser Information Zugang haben,
- über eine Insider-Information verfügen, unter Ausnutzung derselben in Kenntnis der Sache für eigene oder fremde Rechnung entweder selbst oder indirekt die Wertpapiere des bzw. der von dieser Information betroffenen Emittenten zu erwerben oder zu veräußern.”
5 Artikel 3 der Richtlinie lautet:
„Jeder Mitgliedstaat untersagt den Personen, die dem Verbot nach Artikel 2 unterliegen und über eine Insider-Information verfügen,
- diese Insider-Informati...