Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 89/592/EWG. Insidergeschäfte. Begriffe ‚Insider-Information’ und ‚Ausnutzung einer Insider-Information’. Vorher abgesprochene Börsengeschäfte, die innerhalb einer Gruppe von Personen durchgeführt wurden, die die Eigenschaft von Insidern haben können. Künstliche Erhöhung des Kurses der übertragenen Wertpapiere
Beteiligte
Proïstamenos DOY Amfissas |
Tenor
Die Art. 1 und 2 der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte sind dahin auszulegen, dass die Hauptaktionäre und Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft, die vereinbaren, untereinander Börsengeschäfte mit Wertpapieren dieser Gesellschaft zu tätigen, um deren Kurs künstlich zu stützen, damit über eine Insider-Information verfügen, die sie nicht in Kenntnis der Sache ausnutzen, wenn sie diese Geschäfte durchführen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidung vom 6. Juli 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 14. September 2004, in dem Verfahren
Ypourgos Oikonomikon,
Proístamenos DOY Amfissas
gegen
Charilaos Georgakis
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet und U. Lõhmus (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen:
- von Herrn Georgakis, vertreten durch N. Korogiannakis und A. Mouzaki, dikigoroi,
- der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos, S. Spyropoulos, S. Trekli und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun und G. Zavvos als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Oktober 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 1 bis 4 der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte (ABl. L 334, S. 30).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ypourgos Oikonomikon (Finanzminister) und dem Proïstamenos DOY Amfissas (Finanzverwaltung Amphissa) auf der einen sowie Herrn Georgakis auf der anderen Seite wegen Ausnutzung einer Insider-Information durch seine Beteiligung, zusammen mit den anderen Hauptaktionären und Vorstandsmitgliedern einer Gesellschaft, an vorher unter ihnen abgesprochenen Börsengeschäften, mit denen das Ziel verfolgt wurde, den Kurs der Wertpapiere dieser Gesellschaft künstlich zu erhöhen.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Art. 1 der Richtlinie 89/592 bestimmt:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Definitionen:
- Insider-Information: eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die einen oder mehrere Emittenten von Wertpapieren oder ein oder mehrere Wertpapiere betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieses Wertpapiers oder dieser Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen;
Wertpapiere:
a) Aktien und Schuldverschreibungen sowie Effekten, die mit Aktien und Schuldverschreibungen vergleichbar sind;
…
wenn sie zum Handel auf einem Markt zugelassen sind, der von staatlich anerkannten Stellen reglementiert und überwacht wird, regelmäßig stattfindet und der Öffentlichkeit direkt oder indirekt zugänglich ist.”
4 Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Jeder Mitgliedstaat untersagt den Personen, die
über eine Insider-Information verfügen, unter Ausnutzung derselben in Kenntnis der Sache für eigene oder fremde Rechnung entweder selbst oder indirekt die Wertpapiere des bzw. der von dieser Information betroffenen Emittenten zu erwerben oder zu veräußern.”
5 Art. 3 der Richtlinie 89/592 sieht vor:
„Jeder Mitgliedstaat untersagt den Personen, die dem Verbot nach Artikel 2 unterliegen und über eine Insider-Information verfügen,
- diese Insider-Information an einen Dritten weiterzugeben, soweit dies nicht in einem normalen Rahmen in Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder in Erfüllung ihrer Aufgaben geschieht;
- auf der Grundlage dieser Insider-Information einem Dritten zu empfehlen, auf seinen Wertpapiermärkten im Sinne von Artikel 1 Ziffer 2 letzter Satzteil zum Handel zugelassene Wertpapiere zu erwerben oder zu veräußern bzw. erwerben oder veräußern zu lassen.”
6 Art. 4 dieser Richtlinie bestimmt:
„Jeder Mitgliedstaat sieht das Verbot in Artikel 2 auch für andere al...