Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Binnenmarkt. Ausschluss von Bestimmungen über die Steuern. Dienste der Informationsgesellschaft. Elektronischer Geschäftsverkehr. Internetportal für die Immobilienvermittlung. Ausschluss des ‚Bereichs der Besteuerung’. Dienstleistungen im Binnenmarkt. Ausschluss des ‚Bereichs der Steuern’. Begriffe ‚Vorschrift betreffend Dienste’ und ‚technische Vorschrift’. Den Erbringern von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung auferlegte Verpflichtung, Daten über Mietverträge zu erheben und an den Fiskus zu übermitteln und die Abzugsteuer auf die geleisteten Zahlungen einzubehalten. Dienstleistungserbringern, die keine ständige Niederlassung in Italien haben, auferlegte Verpflichtung, einen Steuervertreter zu benennen. Restriktiver Charakter. Legitimes Ziel. Unverhältnismäßigkeit der Verpflichtung zur Benennung eines Steuervertreters. Befugnisse eines einzelstaatlichen Gerichts, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können
Normenkette
AEUV Art. 114 Abs. 2, Art. 56, 267 Abs. 3; Richtlinie 2000/31/EG Art. 1 Abs. 5 Buchst. a; Richtlinie 2006/123/EG Art. 2 Abs. 3; Richtlinie (EU) 2015/1535 Art. 1 Abs. 1 Buchst. e, f.
Beteiligte
Airbnb Ireland und Airbnb Payments UK |
Tenor
1. Art. 56 AEUV ist wie folgt auszulegen:
- Erstens steht er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegen, nach denen die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung und der Art und Weise ihrer Vermittlung bei Vermietungen von im Gebiet dieses Mitgliedstaats belegenen Immobilien für eine Dauer von höchstens 30 Tagen Daten über die infolge ihrer Vermittlung geschlossenen Mietverträge zu erheben und anschließend an die Steuerverwaltung zu übermitteln haben und, wenn diese Dienstleistungserbringer die entsprechenden Mieten oder Entgelte eingezogen haben oder im Zusammenhang mit ihrer Einziehung tätig geworden sind, die auf die von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträge anfallende Steuer an der Quelle einbehalten und an die Staatskasse des betreffenden Mitgliedstaats abführen müssen;
- zweitens steht er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, nach denen die Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung bei Vermietungen von im Gebiet dieses Mitgliedstaats belegenen Immobilien für eine Dauer von höchstens 30 Tagen verpflichtet sind, einen im Mitgliedstaat der Besteuerung ansässigen oder niedergelassenen Steuervertreter zu benennen, wenn diese Dienstleistungserbringer die entsprechenden Mieten oder Entgelte eingezogen haben oder im Zusammenhang mit ihrer Einziehung tätig geworden sind und in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Besteuerung ansässig oder niedergelassen sind.
2. Art. 267 AEUV ist dahin auszulegen, dass bei einer von einer der Parteien des Ausgangsverfahrens aufgeworfenen Frage nach der Auslegung des Unionsrechts die Bestimmung und die Formulierung der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen allein Sache des einzelstaatlichen Gerichts sind und diese Parteien deren Inhalt nicht vorschreiben oder ändern können.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 26. Januar 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Februar 2021, in dem Verfahren
Airbnb Ireland UC plc,
Airbnb Payments UK Ltd
gegen
Agenzia delle Entrate,
Beteiligte:
Presidenza del Consiglio dei Ministri,
Ministero dell'Economia e delle Finanze,
Federazione delle Associazioni Italiane Alberghi e Turismo (Federalberghi),
Renting Services Group Srls,
Coordinamento delle Associazioni e dei Comitati di tutela dell'ambiente e dei diritti degli utenti e dei consumatori (Codacons),
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter F. Biltgen, N. Wahl (Berichterstatter) und J. Passer,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: C. Di Bella, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2022,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Airbnb Ireland UC plc und der Airbnb Payments UK Ltd, vertreten durch M. Antonini, S. Borocci, A. R. Cassano, M. Clarich, I. Perego, G. M. Roberti, Avvocati, und D. Van Liedekerke, Advocaat,
- der Federazione delle Associazioni Italiane Alberghi e Turismo (Federalberghi), vertreten durch E. Gambaro, A. Manzi und A. Papi Rossi, Avvocati,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von R. Guizzi, Avvocato dello Stato,
- der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von C. Molitor, Avocat,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch T. Machovičová, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bev...