Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Verkehrsunfall. Immaterieller Schaden. Entschädigung. Nationale Rechtsvorschriften, mit denen besondere Berechnungsmodalitäten für Verkehrsunfälle eingeführt werden, die für die Geschädigten weniger günstig sind als die Modalitäten der allgemeinen Haftpflichtregelung. Vereinbarkeit mit diesen Richtlinien
Normenkette
Richtlinie 72/166/EWG; Richtlinie 84/5/EWG; Richtlinie 90/232/EWG; Richtlinie 2009/103/EWG
Beteiligte
Tenor
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht und Art. 1 Abs. 1 und 2 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die in Bezug auf die Entschädigung für immaterielle Schäden, die auf leichte Körperverletzungen aufgrund von Straßenverkehrsunfällen zurückzuführen sind, eine Sonderregelung vorsieht, in der die Entschädigung für diese Schäden im Verhältnis zu der Entschädigung begrenzt wird, die für gleiche Schäden aufgrund anderer Ursachen als solcher Unfälle zuerkannt wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Tivoli (Italien) mit Entscheidung vom 20. Juni 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 3. August 2012, in dem Verfahren
Enrico Petillo,
Carlo Petillo
gegen
Unipol Assicurazioni SpA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilača, G. Arestis, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzlerin: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Unipol Assicurazioni SpA, vertreten durch A. Frignani und G. Ponzanelli, avvocati,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Kemper und F. Wannek als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch L. Pnevmatikou als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Santoro, avvocato dello Stato,
- der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kalniņš und I. Ņesterova als Bevollmächtigte,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas sowie durch R. Janeckaitė und A. Svinkūnaitė als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Montaguti und K.-P. Wojcik als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Oktober 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 103, S. 1, im Folgenden: Erste Richtlinie), der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. 1984, L 8, S. 17) in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 (ABl. L 149, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Zweite Richtlinie), der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. L 129, S. 33) in der durch die Richtlinie 2005/14 geänderten Fassung (im Folgenden: Dritte Richtlinie) sowie der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 263, S. 11).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Enrico Petillo und Herrn Carlo Petillo auf der einen Seite und der Unipol Assicurazioni SpA (im Folgenden: Unipol) auf der anderen Seite wegen Ersatzes des von Herrn Enrico Petillo bei einem Verkehrsunfall erlittenen Schadens durch Unipol im Rahmen der Kraftfahrzeug-Haftpflicht.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 der Ersten Richtlinie bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie ist zu verstehen unter:
…
2. Geschädigter: jede Person, die ein Recht auf Ersatz eines von einem Fahrzeu...