Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Entscheidung der Kommission. Feststellung der Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt. Anordnung der Rückforderung der Beihilfe. Grundsatz der Rechtssicherheit und Rückwirkungsverbot. Grundsatz des Vertrauensschutzes. Bestimmung der ‚Angemessenheit’ des bei Rückforderung der Beihilfen anzuwendenden Zinssatzes

 

Beteiligte

ISD Polska u.a

Europäische Kommission

ISD Polska sp. z o.o

Industrial Union of Donbass Corp

ISD Polska sp. z o.o., vormals Majątek Hutniczy sp. z o.o

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die ISD Polska sp. z o.o. und die Industrial Union of Donbass Corp. tragen die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 14. September 2009,

ISD Polska sp. z o.o. mit Sitz in Warschau (Polen),

Industrial Union of Donbass Corp. mit Sitz in Donetsk (Ukraine)

und

ISD Polska sp. z o.o., vormals Majatek Hutniczy sp. z o.o., mit Sitz in Warschau,

Prozessbevollmächtigte: C. Rapin und E. Van den Haute, avocats,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Verfahrensbeteiligte:

Europäische Kommission, vertreten durch E. Gippini Fournier und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter J.-J. Kasel, E. Levits und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die ISD Polska sp. z o.o., die Industrial Union of Donbass Corp. und die ISD Polska sp. z o.o., vormals Majatek Hutniczy sp. z o.o., beantragen mit ihrem Rechtsmittel, das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 1. Juli 2009, ISD Polska u. a./Kommission (T-273/06 und T-297/06, Slg. 2009, I-2185, im Folgenden: angefochtenes Urteil), aufzuheben, mit dem das Gericht ihre Nichtigkeitsklagen gegen die Entscheidung 2006/937/EG der Kommission vom 5. Juli 2005 über die staatliche Beihilfe C 20/04 (ex NN 25/04) zugunsten des Stahlherstellers Huta Częstochowa S.A. (ABl. 2006, L 366, S. 1, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Das am 16. Dezember 1991 in Brüssel unterzeichnete Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits (ABl. 1993, L 348, S. 2, im Folgenden: Europa-Abkommen) ist am 1. Februar 1994 in Kraft getreten. Es schafft ein Wettbewerbsregelwerk, das auf den Kriterien des EG-Vertrags beruht.

Rz. 3

Das Protokoll Nr. 2 über EGKS-Erzeugnisse zum Europa-Abkommen (im Folgenden: Protokoll Nr. 2) sieht ein grundsätzliches Verbot staatlicher Beihilfen vor.

Rz. 4

Art. 8 des Protokolls Nr. 2 bestimmt:

„(1) Soweit sie den Handel zwischen der Gemeinschaft und Polen beeinträchtigen, sind mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Abkommens unvereinbar

iii) staatliche Beihilfen gleich welcher Art, außer aufgrund des EGKS-Vertrags zulässige Beihilfen.

(4) Die Parteien erkennen an, dass [die Republik] Polen während der ersten fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens abweichend von Absatz 1 Ziffer iii) für EGKS-Stahlerzeugnisse ausnahmsweise staatliche Beihilfen zur Umstrukturierung gewähren kann, sofern

  • das Umstrukturierungsprogramm global mit Rationalisierung und Kapazitätsabbau verbunden ist,
  • das Umstrukturierungsprogramm nach Ablauf der Umstrukturierungsfrist zur Lebensfähigkeit der begünstigten Firmen zu normalen Marktbedingungen führt und
  • Höhe und Intensität dieser Beihilfen auf das zur Erreichung dieser Ziele unbedingt notwendige Maß beschränkt und die Beihilfen schrittweise verringert werden.

Der Assoziationsrat entscheidet unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage [der Republik Polen], ob der Fünfjahreszeitraum verlängert werden kann.”

Rz. 5

Durch den Beschluss Nr. 3/2002 des Assoziationsrates EU-Polen vom 23. Oktober 2002 zur Verlängerung des in Artikel 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 vorgesehenen Zeitraums (ABl. 2003, L 186, S. 38, im Folgenden: Beschluss des Assoziationsrats) wurde der Zeitraum, in dem die Republik Polen für Eisen- und Stahlerzeugnisse unter den in Art. 8 Abs. 4 des Protokolls Nr. 2 vorgesehenen Bedingungen ausnahmsweise staatliche Beihilfen für Umstrukturierungszwecke gewähren konnte, um einen weiteren Zeitraum von acht Jahren ab dem 1. Januar 1997 bzw. bis zum Zeitpunkt des Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Union verlängert.

Rz. 6

Art. 2 des Beschlusses des Assoziationsrats sieht vor:

„[Die Republik] Polen übermittelt der Kommission … ein Umstrukturierungsprogramm und Geschäftspläne, die die Anforderungen des Artikels 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 erfüllen und von [ihrer] nationalen Aufsichtsbeh...

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