Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Entscheidung der Kommission, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen. Nichtigkeitsklage. Mit einer Nichtigkeitsklage anfechtbare Handlungen. Handlungen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen. Frühere Eröffnungsentscheidung, die dieselben Maßnahmen betrifft
Normenkette
EG Art. 88 Abs. 2
Beteiligte
Deutsche Post / Kommission |
Tenor
1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Dezember 2011, Deutsche Post/Kommission (T-421/07), wird aufgehoben.
2. Die Rechtssache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 13. Februar 2012,
Deutsche Post AG mit Sitz in Bonn (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Sedemund und T. Lübbig,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch B. Martenczuk und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
UPS Europe NV/SA mit Sitz in Brüssel (Belgien),
UPS Deutschland Inc. & Co. OHG mit Sitz in Neuss (Deutschland),
Prozessbevollmächtigte: T. Ottervanger und E. Henny, advocaten,
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2013,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Deutsche Post AG (im Folgenden: DP) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Dezember 2011, Deutsche Post/Kommission (T-421/07, Slg. 2011, II-8105, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 12. September 2007 mit dem Titel „Staatliche Beihilfe C 36/07 (ex NN 25/07) – Staatliche Beihilfe an die Deutsche Post AG – Aufforderung zur Stellungnahme gemäß Artikel 88 Absatz 2 [EG]” (ABl. C 245, S. 21, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) soll nach ihrem zweiten Erwägungsgrund die von der Kommission in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Anwendung von Art. 88 EG entwickelte und festgelegte kohärente Praxis kodifizieren und verstärken.
Rz. 3
Art. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 sieht vor:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
c) ‚neue Beihilfen’ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen;
…
f) ‚rechtswidrige Beihilfen’ neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel [88] Absatz 3 des Vertrags eingeführt werden;
…”
Rz. 4
Art. 6 („Förmliches Prüfverfahren”) der Verordnung bestimmt in Abs. 1 insbesondere, dass „[d]ie Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens … eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt [enthält]”.
Rz. 5
Art. 7 („Entscheidungen der Kommission über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens”) der Verordnung bestimmt:
„(1) Das förmliche Prüfverfahren wird unbeschadet des Artikels 8 durch eine Entscheidung nach den Absätzen 2 bis 5 dieses Artikels abgeschlossen.
(2) Gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die angemeldete Maßnahme, gegebenenfalls nach entsprechenden Änderungen durch den betreffenden Mitgliedstaat, keine Beihilfe darstellt, so stellt sie dies durch Entscheidung fest.
(3) Stellt die Kommission fest, dass, gegebenenfalls nach Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat, die Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt ausgeräumt sind, so entscheidet sie, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (nachstehend ‚Positiventscheidung’ genannt). In der Entscheidung wird angeführt, welche Ausnahmevorschrift des Vertrags zur Anwendung gelangt ist.
(4) Die Kommission kann eine Positiventscheidung mit Bedingungen und Auflagen verbinden, die ihr ermöglichen, die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären bzw. die Befolgung ihrer Entscheidung zu überwachen (nachstehend ‚mit Bedingungen und Auflagen verbundene Entscheidung’ genannt).
(5) Gel...