Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Schadensersatzklage. Außervertragliche Haftung der Europäischen Union. Behauptetes rechtswidriges Verhalten der Europäischen Kommission und des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF). Ausscheiden aus dem Amt eines Mitglieds der Kommission. Verfahrensvorschriften für die Untersuchung des OLAF. Eröffnung einer Untersuchung. Anspruch auf rechtliches Gehör. Überwachungsausschuss des OLAF. Unschuldsvermutung. Beurteilung des geltend gemachten Schadens

 

Beteiligte

Dalli/ Kommission

John Dalli

Europäische Kommission

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Herr John Dalli trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 16. August 2019,

John Dalli, wohnhaft in St. Julian's (Malta), Prozessbevollmächtigte: L. Levi und S. Rodrigues, avocats,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch J.-P. Keppenne und J. Baquero Cruz als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Richters L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und der Richter M. Safjan und N. Jääskinen,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. September 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr John Dalli die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 6. Juni 2019, Dalli/Kommission (T-399/17, im Folgenden: angefochtenes Urteil, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:384), mit dem das Gericht seine Klage auf Ersatz des Schadens abgewiesen hat, den er durch vermeintlich rechtswidriges Verhalten der Europäischen Kommission und des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus dem Amt als Mitglied der Kommission am 16. Oktober 2012 erlitten haben will.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 1073/1999

Rz. 2

Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (ABl. 1999, L 136, S. 1) bestimmte:

„Das Amt führt in den durch die Verträge oder auf deren Grundlage geschaffenen Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen (im Folgenden ‚Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen’ genannt) administrative Untersuchungen durch, die dazu dienen,

  • Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft zu bekämpfen;
  • zu diesem Zweck schwerwiegende Handlungen im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit aufzudecken, die eine Verletzung der Verpflichtungen der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften, die disziplinarisch und gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden kann, oder eine Verletzung der analogen Verpflichtungen der Mitglieder der Organe und Einrichtungen, der Leiter der Ämter und Agenturen und der Mitglieder des Personals der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen, die nicht dem Statut unterliegen, darstellen können.”

Rz. 3

Art. 2 dieser Verordnung lautete:

„Im Sinne dieser Verordnung umfasst der Begriff ‚administrative Untersuchungen’ (im Folgenden ‚Untersuchungen’ genannt) sämtliche Kontrollen, Überprüfungen und sonstige Maßnahmen, die die Bediensteten des Amtes in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß den Artikeln 3 und 4 durchführen, um die in Artikel 1 festgelegten Ziele zu erreichen und gegebenenfalls den Beweis für Unregelmäßigkeiten der von ihnen kontrollierten Handlungen zu erbringen. Diese Untersuchungen berühren nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Strafverfolgung.”

Rz. 4

In den Art. 3 und 4 der genannten Verordnung waren die Regeln für die externen bzw. internen Untersuchungen des OLAF festgelegt.

Rz. 5

Art. 6 dieser Verordnung stellte klar, dass der Direktor des Amtes die Untersuchungen leitet.

Rz. 6

Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 lautete:

„Das Amt erstellt nach einer von ihm durchgeführten Untersuchung unter der Verantwortung des Direktors einen Bericht, aus dem insbesondere der festgestellte Sachverhalt, gegebenenfalls die ermittelte Schadenshöhe und die Ergebnisse der Untersuchung, einschließlich der Empfehlungen des Direktors des Amtes zu den zweckmäßigen Folgemaßnahmen, hervorgehen.”

Rz. 7

Art. 11 Abs. 1 und 6 bis 8 dieser Verordnung sah vor:

„(1) Der Überwachungsausschuss stellt durch die regelmäßige Kontrolle, die er bezüglich der Ausübung der Untersuchungstätigkeit vornimmt, die Unabhängigkeit des Amtes sicher.

Der Überwachungsausschuss gibt von sich aus oder auf Ersuchen des Direktors an diesen gerichtete Stellungnahmen zu den Tätigkeiten des Amtes ab, greift jedoch nicht in den Ablauf der Untersuchungen ein.

(6) Der Überwa...

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