Entscheidungsstichwort (Thema)
Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Vorabentscheidungsersuchen. Zuständigkeit des Gerichtshofs. Begriff des Rechtsstreits. Verordnung (EG) Nr. 1348/2000. Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Notarielle Urkunde
Beteiligte
Roda Golf & Beach Resort SL |
Tenor
Die Zustellung einer notariellen Urkunde wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens fällt in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 68 EG, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n° 5 de San Javier (Spanien) mit Entscheidung vom 3. Januar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Januar 2008, in dem Verfahren
Roda Golf & Beach Resort SL
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. Klučka und U. Lõhmus, der Richterin P. Lindh sowie des Richters A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: R. Grass,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Roda Golf & Beach Resort SL, vertreten durch E. López Ayuso, abogada,
- der spanischen Regierung, vertreten durch J. López-Medel Bascones als Bevollmächtigten,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und J. Kemper als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch S. Chala als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch R. Adam als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
- der lettischen Regierung, vertreten durch E. Balode-Buraka und E. Eihmane als Bevollmächtigte,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch G. Iván als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
- der slowakischen Regierung, vertreten durch J. Corba als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Joris und F. Jimeno Fernández als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. März 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. L 160, S. 37).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Widerspruchs der Roda Golf & Beach Resort SL (im Folgenden: Roda Golf) beim Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n° 5 de San Javier (erstinstanzliches und Ermittlungsgericht Nr. 5 von San Javier) wegen der Weigerung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts, Empfängern im Vereinigten Königreich und in Irland außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens eine notarielle Urkunde über eine Zustellung und Aufforderung zu übermitteln, in der Roda Golf die einseitige Auflösung von 16 Grundstückskaufverträgen erklärte, die sie mit jedem dieser Empfänger geschlossen hatte.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschafts- und Völkerrecht
Rz. 3
Mit Rechtsakt vom 26. Mai 1997 (ABl. C 261, S. 1) arbeitete der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage von Art. K.3 des Vertrags über die Europäische Union (die Art. K bis K.9 des Vertrags über die Europäische Union sind durch die Art. 29 EU bis 42 EU ersetzt worden) das Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus.
Rz. 4
Dieses Übereinkommen ist nicht in Kraft getreten. Soweit sich der Wortlaut der Verordnung Nr. 1348/2000 an den Wortlaut des Übereinkommens anlehnt, ist im Rahmen der Erwägungsgründe dieser Verordnung der Erläuternde Bericht zum Übereinkommen (ABl. 1997, C 261, S. 26) herangezogen worden.
Rz. 5
Die Verordnung Nr. 1348/2000 regelt die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen zwischen den Mitgliedstaaten.
Rz. 6
Der zweite Erwägungsgrund dieser Verordnung lautet:
„Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts muss die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen, die in einem anderen Mitgliedstaat zugestellt werden sollen, zwischen den Mitgliedstaaten verbessert und beschleunigt werden.”
Rz. 7
In ihrem sechsten Erwägungsgrund heißt es:
„Die Wirksamkeit und Schnelligkeit der gerichtlichen Verfahren in Zivilsachen setzt voraus, dass die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke unmittelbar und auf schnellstmöglichem Wege zwischen den von den Mitgliedstaaten benannten örtlichen Stellen erfolgt. …”
Rz. 8
Nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1348/2000 benennt jeder „Mitgliedstaat...