Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeitsklage. Institutionelles Recht. Protokoll über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen, sonstiger Stellen und Dienststellen der Europäischen Union. Europäisches Parlament. Begriff der ‚Haushaltstagung’, die in Straßburg (Frankreich) stattfindet. Ausübung der Haushaltsbefugnis im Rahmen einer zusätzlichen Plenartagung in Brüssel (Belgien)

 

Normenkette

AEUV Art. 314

 

Beteiligte

Frankreich/ Parlament

Großherzogtum Luxemburg

Europäisches Parlament

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Französische Republik trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Europäischen Parlaments.

3. Das Großherzogtum Luxemburg trägt seine eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 7. Februar 2018,

Französische Republik, zunächst vertreten durch E. de Moustier, A.-L. Desjonquères, J.-L. Carré, F. Alabrune, D. Colas und B. Fodda, dann durch E. de Moustier, A.-L. Desjonquères, A. Daly und J.-L. Carré als Bevollmächtigte,

Kläger,

unterstützt durch:

Großherzogtum Luxemburg, zunächst vertreten durch D. Holderer, C. Schiltz und T. Uri, dann durch C. Schiltz und T. Uri als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch R. Crowe, U. Rösslein und S. Lucente als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter P. G. Xuereb, T. von Danwitz (Berichterstatter) und A. Kumin,

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2020,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Französische Republik beantragt mit ihrer Klage die Nichtigerklärung von vier Handlungen des Europäischen Parlaments, die mit der Annahme des Jahreshaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2018 zusammenhängen (im Folgenden: angefochtene Handlungen):

  • die Tagesordnung der Plenarsitzung des Parlaments vom 29. November 2017 (Dokument P8_0J [2017]11-29), soweit sie eine Aussprache über den gemeinsamen Entwurf des Jahreshaushaltsplans der Union für das Haushaltsjahr 2018 vorsieht,
  • die Tagesordnung der Plenarsitzung des Parlaments vom 30. November 2017 (Dokument P8_0J [2017]11-30), soweit sie eine Abstimmung gefolgt von Erklärungen zur Abstimmung über diesen gemeinsamen Entwurf vorsieht,
  • die legislative Entschließung des Parlaments vom 30. November 2017 zu diesem gemeinsamen Entwurf (Dokument P8_TA[2017]0458, P8_TA-PROV[2017]0458) und
  • die Handlung vom 30. November 2017, mit der der Präsident des Parlaments festgestellt hat, dass der Jahreshaushaltsplan der Union für das Haushaltsjahr 2018 endgültig erlassen ist.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Der einzige Artikel Buchst. a des Protokolls Nr. 6 über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen, sonstiger Stellen und Dienststellen der Europäischen Union, das dem EU-Vertrag, dem AEU-Vertrag und dem EAG-Vertrag beigefügt ist (im Folgenden: Protokoll über die Sitze der Organe), sieht vor:

„Das Europäische Parlament hat seinen Sitz in Straßburg; dort finden die 12 monatlichen Plenartagungen einschließlich der Haushaltstagung statt. Zusätzliche Plenartagungen finden in Brüssel statt. Die Ausschüsse des Europäischen Parlaments treten in Brüssel zusammen. Das Generalsekretariat des Europäischen Parlaments und dessen Dienststellen verbleiben in Luxemburg.”

Rz. 3

Art. 314 AEUV bestimmt:

„Das Europäische Parlament und der Rat legen den Jahreshaushaltsplan der Union im Rahmen eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens nach den folgenden Bestimmungen fest:

(3) Der Rat legt seinen Standpunkt zu dem Entwurf des Haushaltsplans fest und leitet ihn spätestens am 1. Oktober des Jahres, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht, dem Europäischen Parlament zu. Er unterrichtet das Europäische Parlament in vollem Umfang über die Gründe, aus denen er seinen Standpunkt festgelegt hat. …

(4) Hat das Europäische Parlament binnen 42 Tagen nach der Übermittlung

c) mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen angenommen, so wird die abgeänderte Fassung des Entwurfs dem Rat und der Kommission zugeleitet. Der Präsident des Europäischen Parlaments beruft im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Rates umgehend den Vermittlungsausschuss ein. …

(5) Der Vermittlungsausschuss, der aus den Mitgliedern des Rates oder deren Vertretern und ebenso vielen das Europäische Parlament vertretenden Mitgliedern besteht, hat die Aufgabe, binnen 21 Tagen nach seiner Einberufung auf der Grundlage der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates mit der qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder deren Vertretern und der Mehrheit der das Europäische Parlament ve...

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