Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Landwirtschaft. Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft. Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums. Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge. Vergrößerung der angemeldeten Fläche während des fünfjährigen Verpflichtungszeitraums über den vorgesehenen Schwellenwert hinaus. Ersetzung der ursprünglichen Verpflichtung durch eine neue Verpflichtung. Verstoß des Begünstigten gegen die Pflicht zur Einreichung eines jährlichen Zahlungsantrags für die Beihilfe. Nationale Regelung, mit der die Rückzahlung sämtlicher für mehrere Jahre gezahlter Beihilfen verlangt wird. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1257/1999; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 17, 52; Verordnung (EG) Nr. 817/2004
Beteiligte
Tenor
Art. 71 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 817/2004 der Kommission vom 29. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) ist im Hinblick auf das Ziel der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1783/2003 des Rates vom 29. September 2003 und der Verordnung Nr. 817/2004, auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und auf die Art. 17 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, wonach der Empfänger einer Beihilfe, die ihm im Gegenzug zu seinen mehrjährigen Agrarumweltverpflichtungen gewährt wird, verpflichtet ist, die gesamte bereits ausgezahlte Beihilfe zurückzuzahlen, weil er für das letzte Jahr des fünfjährigen Zeitraums seiner Verpflichtungen keinen jährlichen Antrag auf Zahlung der Beihilfe gestellt hat, wenn dieser fünfjährige Zeitraum aufgrund der Vergrößerung der Betriebsfläche des Empfängers einen früheren Zeitraum ersetzt und der Empfänger vor der Vergrößerung seine Verpflichtungen in Bezug auf die Bewirtschaftung der angemeldeten Fläche ununterbrochen erfüllt hat.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Augstākās tiesas Administratīvo lietu departaments (Oberster Gerichtshof, Senat für Verwaltungsstreitsachen, Lettland) mit Entscheidung vom 3. Juni 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 2015, in dem Verfahren
ZS „Ezernieki”
gegen
Lauku atbalsta dienests
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Šváby sowie der Richter J. Malenovský und M. Vilaras (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des ZS „Ezernieki”, vertreten durch A. Martuzāns,
- der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kalninš und G. Bambane als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sauka und J. Aquilina als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen (ABl. 1999, L 160, S. 80) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1783/2003 des Rates vom 29. September 2003 (ABl. 2003, L 270, S. 70) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1257/1999), der Verordnung (EG) Nr. 817/2004 der Kommission vom 29. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1257/1999 (ABl. 2004, L 153, S. 30, berichtigt im ABl. 2004, L 231, S. 24), der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. 2004, L 141, S. 18) sowie der Art. 17 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb ZS „Ezernieki” (im Folgenden: Ezernieki), und dem Lauku atbalsta dienests (Agrarstützdienst, Lettland) über die wegen Nichterfüllung sämtlicher Beihilfevoraussetzung...