Entscheidungsstichwort (Thema)

Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung. Sachlage, in der diese Entscheidung unvereinbar ist mit einer anderen Entscheidung, die zuvor in demselben Mitgliedstaat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 34 Nrn. 3-4

 

Beteiligte

Salzgitter Mannesmann Handel

Salzgitter Mannesmann Handel GmbH

SC Laminorul SA

 

Tenor

Art. 34 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass er unvereinbare Entscheidungen, die von Gerichten ein und desselben Mitgliedstaats erlassen wurden, nicht erfasst.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. März 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 30. März 2012, in dem Verfahren

Salzgitter Mannesmann Handel GmbH

gegen

SC Laminorul SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter J. Malenovský, U. Lõhmus und M. Safjan (Berichterstatter) sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Salzgitter Mannesmann Handel GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin C. von Carlowitz und die Rechtsanwälte O. Kranz, C. Müller und T. Rossbach,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Varone, avvocato dello Stato,
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch R. Giurescu und A. Voicu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Bogensberger und A.-M. Rouchaud-Joët als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Mai 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 34 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Salzgitter Mannesmann Handel GmbH (im Folgenden: Salzgitter) und der SC Laminorul SA (im Folgenden: Laminorul) wegen eines Antrags auf Vollstreckbarerklärung eines rumänischen Urteils in Deutschland, mit dem Salzgitter zur Zahlung von 188 330 Euro an Laminorul verurteilt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung Nr. 44/2001

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 2 und 15 bis 17 der Verordnung Nr. 44/2001 heißt es:

„(2) Die Unterschiede zwischen bestimmten einzelstaatlichen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen erschweren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Es ist daher unerlässlich, Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus den durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten zu vereinfachen.

(15) Im Interesse einer abgestimmten Rechtspflege müssen Parallelverfahren so weit wie möglich vermieden werden, damit nicht in zwei Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen. Es sollte eine klare und wirksame Regelung zur Klärung von Fragen der Rechtshängigkeit und der im Zusammenhang stehenden Verfahren … vorgesehen werden …

(16) Das gegenseitige Vertrauen in die Justiz im Rahmen der [Europäischen Union] rechtfertigt, dass die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, außer im Fall der Anfechtung, von Rechts wegen, ohne ein besonderes Verfahren, anerkannt werden.

(17) Auf Grund dieses gegenseitigen Vertrauens ist es auch gerechtfertigt, dass das Verfahren, mit dem eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung für vollstreckbar erklärt wird, rasch und effizient vonstattengeht. Die Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung muss daher fast automatisch nach einer einfachen formalen Prüfung der vorgelegten Schriftstücke erfolgen, ohne dass das Gericht die Möglichkeit hat, von Amts wegen eines der in dieser Verordnung vorgesehenen Vollstreckungshindernisse aufzugreifen.”

Rz. 4

Art. 32 der Verordnung sieht vor:

„Unter ‚Entscheidung’ im Sinne dieser Verordnung ist jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung zu verstehen, ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung …”.

Rz. 5

Art. ...

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