Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Herstellung von Aluminium. Vertraglich gewährter Vorzugsstromtarif. Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird. Kündigung des Vertrags. Gerichtliche Aussetzung der Wirkungen der Kündigung. Beschluss, mit dem die Beihilfe für rechtswidrig erklärt wird. Begriffe ‚bestehende Beihilfe’ und ‚neue Beihilfe’. Unterscheidung
Normenkette
AEUV Art. 108 Abs. 3
Beteiligte
DEI und Kommission / Alouminion tis Ellados |
Dimosia Epicheirisi Ilektrismou AE (DEI) |
Alouminion tis Ellados VEAE |
Tenor
1) Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Oktober 2014, Alouminion/Kommission (T-542/11, EU:T:2014:859), wird aufgehoben.
2) Die Rechtssache T-542/11 wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.
3) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. Dezember 2014,
Dimosia Epicheirisi Ilektrismou AE (DEI) mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: E. Bourtzalas, avocat, sowie E. Salaka, C. Synodinos, C. Tagaras und A. Oikonomou, dikigoroi,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Alouminion tis Ellados VEAE, ehemals Alouminion AE, mit Sitz in Maroussi (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: G. Dellis, N. Korogiannakis, E. Chrysafis, D. Diakopoulos und N. Keramidas, dikigoroi,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und A. Bouchagiar als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters A. Borg Barthet in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter E. Levits und F. Biltgen (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Dimosia Epicheirisi Ilektrismou AE (DEI) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Oktober 2014, Alouminion/Kommission (T-542/11, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2014:859), mit dem das Gericht den Beschluss 2012/339/EU der Kommission vom 13. Juli 2011 über die staatliche Beihilfe SA 26117 – C 2/10 (ex NN 62/09), die Griechenland zugunsten von Aluminium of Greece S.A. gewährt hat (ABl. 2012, L 166, S. 83, im Folgenden: streitiger Beschluss), für nichtig erklärt hat.
Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt
Rz. 2
Im Jahr 1960 schloss die Alouminion tis Ellados AE (im Folgenden: AtE), deren Rechtsnachfolgerinnen für die Sparte Aluminiumherstellung in Griechenland seit Juli 2007 die Alouminion AE und seit Mai 2015 die Alouminion tis Ellados VEAE (im Folgenden: Alouminion) sind, mit der öffentlichen Stromversorgungsgesellschaft DEI einen Vertrag (im Folgenden: Vertrag von 1960), aufgrund dessen ihr ein Vorzugstarif für die Stromversorgung gewährt wurde.
Rz. 3
Art. 2 Abs. 3 des Vertrags von 1960 sah seine stillschweigende Verlängerung für aufeinanderfolgende Zeiträume von fünf Jahren vor, sofern er nicht von einer der Parteien mit einer Frist von zwei Jahren per Einschreiben mit Rückschein gekündigt wird.
Rz. 4
Aufgrund einer von AtE mit dem griechischen Staat geschlossenen und durch eine gesetzesvertretende Verordnung von 1969 formalisierten Vereinbarung sollte der Vertrag von 1960 zum 31. März 2006 enden, es sei denn, er würde gemäß seinen Bestimmungen verlängert.
Rz. 5
Mit Beschluss vom 23. Januar 1992 vertrat die Europäische Kommission die Ansicht, dass der AtE gewährte Vorzugstarif eine mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfe darstelle.
Rz. 6
Im Februar 2004 gab DEI gegenüber AtE ihre Absicht bekannt, den Vertrag von 1960 zu kündigen, und stellte gemäß den Vertragsbestimmungen die Anwendung des Vorzugstarifs ab dem 1. April 2006 ein.
Rz. 7
AtE focht diese Kündigung vor den zuständigen nationalen Gerichten an.
Rz. 8
Mit Beschluss vom 5. Januar 2007 (im Folgenden: erste einstweilige Anordnung) setzte das Monomeles Protodikeio Athinon (mit einem Richter besetztes erstinstanzliches Gericht Athen, Griechenland) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Wirkungen der Kündigung vorläufig und ex nunc aus. Es war der Auffassung, dass die Kündigung weder mit den Klauseln des Vertrags von 1960 noch mit dem anwendbaren nationalen rechtlichen Rahmen vereinbar sei.
Rz. 9
DEI focht die erste einstweilige Anordnung vor dem Polymeles Protodikeio Athinon (Kollegialgericht erster Instanz Athen, Griechenland) an, das ihrem Antrag auf Kündigung des Vertrags von 1960 und Einstellung des Vorzugstarifs ebenfalls im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 6. März 2008 ex nunc stattgab.
Rz. 10
Im Zeitraum vom 5. Januar 2007 bis zum 6. März 2008 (im Folgenden: fraglicher Zeitraum) kamen AtE und in der Folge A...