Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Abfälle. Verbringung. Verbringung innerhalb der Europäischen Union. Anderer Eingangsort als in der Notifizierung und der vorherigen Zustimmung vorgesehen. Erhebliche Änderung der Einzelheiten der Abfallverbringung. Illegale Verbringung. Verhältnismäßigkeit der Geldbuße

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 1013/2006

 

Beteiligte

Total Waste Recycling

SC Total Waste Recycling SRL

Országos Környezetvédelmi és Természetvédelmi Fofelügyeloség

 

Tenor

1. Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 669/2008 der Kommission vom 15. Juli 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Verbringung von Abfällen wie den in Anhang IV dieser Verordnung genannten in den Durchfuhrstaat über eine andere Grenzübergangsstelle als die, die im Notifizierungsformular angegeben und von einer Zustimmung der zuständigen Behörden gedeckt ist, als eine erhebliche Änderung der Einzelheiten und/oder Bedingungen einer Verbringung mit Zustimmung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, so dass der Umstand, dass die zuständigen Behörden über diese Änderung nicht unterrichtet wurden, zur Folge hat, dass die Abfallverbringung illegal ist, da sie im Sinne von Art. 2 Nr. 35 Buchst. d dieser Verordnung „in einer Weise erfolgt [ist], die den [Notifizierungsformularen] sachlich nicht entspricht”.

2. Art. 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 in der Fassung der Verordnung Nr. 669/2008, wonach die Sanktionen, die von den Mitgliedstaaten bei einem Verstoß gegen diese Verordnung zu verhängen sind, verhältnismäßig sein müssen, ist dahin auszulegen, dass die Festsetzung einer Geldbuße, mit der die Verbringung von Abfällen wie den in Anhang IV dieser Verordnung genannten in den Durchfuhrstaat über eine andere Grenzübergangsstelle als die, die im Notifizierungsformular angegeben und von der Zustimmung der zuständigen Behörden gedeckt ist, geahndet wird und deren Grundbetrag dem der Geldbuße entspricht, die bei einem Verstoß gegen die Pflicht, eine Zustimmung einzuholen und eine vorherige schriftliche Notifizierung einzureichen, verhängt wird, nur dann als verhältnismäßig anzusehen ist, wenn die den begangenen Verstoß kennzeichnenden Umstände die Feststellung erlauben, dass es sich um vergleichbar schwere Verstöße handelt. Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die bei ihm anhängige Rechtssache kennzeichnen, und insbesondere der Gefahren, die durch diesen Verstoß im Bereich des Schutzes der Umwelt und der menschlichen Gesundheit hervorgerufen werden können, zu prüfen, ob die Höhe der Sanktion über das hinausgeht, was zur Erreichung der Ziele, ein hohes Schutzniveau für Umwelt und menschliche Gesundheit sicherzustellen, erforderlich ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Budapest, Ungarn) mit Entscheidung vom 22. Oktober 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 4. November 2014, in dem Verfahren

SC Total Waste Recycling SRL

gegen

Országos Környezetvédelmi és Természetvédelmi Fofelügyeloség

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Fünften Kammer J. L. da Cruz Vilaça in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Siebten Kammer sowie der Richter C. Lycourgos (Berichterstatter) und J.-C. Bonichot,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas und D. Loma-Osorio Lerena als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 35 Buchst. d, Art. 17 Abs. 1 und Art. 50 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. L 190, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 669/2008 der Kommission vom 15. Juli 2008 (ABl. L 188, S. 7) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1013/2006).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SC Total Waste Recycling SRL (im Folgenden: Total Waste Recycling) und der Országos Környezetvédelmi és Természetvédelmi Főfelügyelőség (nationale Aufsichtsbehörde für Umwelt- und Naturschutz, im Folgenden: nationale Aufsichtsbehörde) wegen einer von dieser für Verstöße gegen die Regelung über die Verbringung von Abfällen verhängten Geldbuße.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1, 7, 13, 14 und 33 der Verordnung Nr. 1013/2006 lauten:

„(1) Wichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung ist der Umweltschutz; ihre Auswirkungen au...

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