Bilder von riesigen Müllbergen in den einst malerischen Orten Indonesiens haben auf das globale Müllproblem aufmerksam gemacht. Und obwohl dieses Problem weit entfernt scheint, finden sich die Ursachen dafür auch hier in Deutschland. Das zeigt ein Blick in die deutsche Wirtschaft: DAX-Konzerne recyceln im Schnitt nur 61 Prozent ihrer Abfälle. Was sich im ersten Moment nach viel anhört, bedeutet im Umkehrschluss, dass allein ca. 2,5 Millionen Tonnen Abfälle der größten deutschen Unternehmen verbrannt werden oder auf Deponien landen. Das ist nicht nur ein Problem für unsere Umwelt, sondern macht Unternehmen – und damit auch unsere Gesellschaft – abhängig vom Import neuer Rohstoffe.
Vor einigen Jahren ging Deutschland als Recycling-Pionier voran. Der grüne Punkt, das Dosenpfand und andere Maßnahmen haben ein wichtiges Signal gesetzt. Doch irgendwann wurde die Anzahl neuer Maßnahmen weniger und Deutschland verspielte seine Vorreiter-Position. Zwar recyclen Konsumentinnen und Konsumenten immer noch fleißig – und das ist auch ungeheuer wichtig – aber auf Unternehmensseite fehlte bisher der Wille zum Wandel. Glücklicherweise hat in den letzten Jahren ein neues Umdenken stattgefunden. Konsumenten fordern mehr Transparenz und Nachhaltigkeitsberichte werden bald auch für kleinere Unternehmen zur Pflicht. Teil dessen: das Thema Abfälle und deren Entsorgung.
Potenzial der Kreislaufwirtschaft
Völlig zurecht wird die Dekarbonisierung der Energie und des Verkehrs öffentlich breit diskutiert. Die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft – die fast die Hälfte aller Netto-CO2-Einsparungen bis 2050 liefern würde – wird im öffentlichen Diskurs hingegen eher stiefmütterlich behandelt.
Bei der Kreislaufwirtschaft geht es um die Schließung von Kreisläufen in der Wirtschaft. Ziel ist also, Wertstoffe dem Kreislauf nicht etwa durch Verbrennung zu entnehmen, sondern sie in diesem zu belassen. Denn beispielsweise Kartons oder Plastikverpackungen können vielfach wiederverwendet werden, bis sie ihren Dienst erfüllt haben. Die Kosteneinsparungen einer Kreislaufwirtschaft bringen nicht nur ökonomische Vorteile, sondern können auch Lieferketten verkürzen, wodurch sie Deutschland als ressourcenarmes Land unabhängiger machen. Ganz zu schweigen von dem Potenzial, Emissionen einzusparen, die durch die Produktion neuer Wertstoffe anfallen würden.
Das große „Aber”
Ein solches “Perpetuum-Mobile” der Wertstoffe ist nicht undenkbar, stößt aber auf einige – allerdings lösbare – Fragestellungen.
Zum einen ist die Entsorgung hochkomplex, da es in Deutschland über 22.000 lokale Entsorger gibt. Das heißt für Unternehmen mit mehreren Standorten: viele Verträge, unterschiedliche regionale Vorgaben und Absprachen. Ein zweiter Punkt, der Recycling erschwert, sind die über 840 verschiedenen Abfallarten, die jeweils andere Charakteristika und Eigenschaften bei der Entsorgung aufweisen.
Ein weiteres Problem ist die hohe Ineffizienz im aktuellen Entsorgungsprozess. Denn im Schnitt landen aktuell über 60 Prozent des anfallenden Mülls auf Deponien oder werden verbrannt. Nur knapp 12 Prozent werden zirkulär wiederverwertet.
Verwertungsquote ist nicht gleich Recyclingquote
Doch wie geht das damit einher, dass in Nachhaltigkeitsberichten Recyclinganteile von über 90 Prozent keine Seltenheit sind? Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Verwertungsquote häufig mit der Recyclingquote gleichgesetzt wird – doch verbrannte Wertstoffe sind zwar „verwertet“, aber dem Kreislauf endgültig entnommen.
Die Hauptgründe hierfür: fehlende Regulierung und mangelnde Datengrundlage in Unternehmen. Ohne transparente Stammdaten kann kein Unternehmen mit der Optimierung beginnen, denn es weiß ja nicht einmal, wo die eigene Firma gerade steht. Für Unternehmen bedeutet das also praktisch: Sie müssen Daten erheben zum CO2-Ausstoß und zu verbrauchten Wertstoffen sowie deren Entsorgungswegen. Denn dieses Wissen bildet die Grundlage für jegliche Verbesserung.
So kommen Net Zero und Zero Waste in greifbare Nähe
Damit die großen Schlagworte Net Zero und Zero Waste keine leeren Worthülsen bleiben, müssen Unternehmen konkrete Maßnahmen ergreifen und nicht die Verantwortung nur auf den Verbraucher übertragen. Dazu gehören die eben genannte Datenerhebung, -verarbeitung und -optimierung hinsichtlich des Entsorgungsmanagements.
- Digitalisierung – Digitale Basis für effizienteres Recycling schaffen
Die Digitalisierung von Prozessen, die bisher per Fax oder bestenfalls E-Mail abgelaufen sind, ist einer der wichtigsten Schritte zur Optimierung. Durch beispielsweise digitale Abläufe im Abfallmanagement können Unternehmen sehen, wo Abfälle anfallen, welche Standorte welche Arten von Müll produzieren und wann dieser von welchem Entsorger abgeholt wird.
Andreas Back, Leiter Qualitätsmanagement / Umwelt & CSR der HORNBACH Baumarkt AG, kommentiert das Thema Digitalisierung im Abfallmanagement: „Das Erreichen unserer Recyclingziele führen wir direkt auf die Digitalisierung unserer täglichen Abläufe im Abfall- und Wertstoffmanagement zurück.“
- Optimierung – Wertstoffmanagement nachhaltig optimieren
Durch Digitalisierung werden Entsorgungsdaten transparent und zentral zugänglich gemacht sowie eine kontinuierliche Datenerhebung ermöglicht, die Grundlage für Optimierung ist. Die Analyse von Prozessen und Wertstoffströmen sowie deren Entsorgungsrouten ermöglicht Unternehmen, bessere Recyclingquoten zu erzielen und gesteigerte Erlöse durch Wertstoffe zu erzielen.
- Kreislaufwirtschaft – Produktkreisläufe digital schließen
Neben der Digitalisierung und Optimierung von Entsorgungsprozessen können Unternehmen Verantwortung für ihre Produkte übernehmen, die über gesetzliche Vorgaben hinausgeht. Durch Rücknahme- und Recyclingsysteme werden werthaltige Materialien und Rohstoffe zurückgewonnen, die so wieder dem eigenen Kreislauf zugeführt werden. Unternehmen schonen so Umwelt und Ressourcen, während sie außerdem die eigene Position auf dem Markt stärken.